Bei der Geartester "X-Days" ging es in die irischen Highlands auf Sika-Jagd. Wie auch bei der Jagd daheim war es uns wichtig, dass wir nicht nur der Trophäe wegen jagen, sondern um ein hochwertiges Lebensmittel zu gewinnen. Als kulinarischer Begleiter der Reisegruppe hatte ich so die Aufgabe, für uns ein Stück Sika-Wild zu zerwirken und die 11-Köpfige Reisetruppe zum größten Teil davon zu ernähren. Eine willkommene Herausforderung, hatte ich bis dato doch noch nie mit Sika gearbeitet. Gleichzeitig reizte es mich, aus den Mitteln der einfachen, bäuerlichen irischen Küche das Maximum an kulinarischer Vielfalt heraus zu holen. 


Erschwerte Bedingungen

Angekommen an der Wildkühlung des Jagdherren wurde ich mit dem großzügigen Angebot empfangen, mir doch ein Stück zur weiteren Verwendung auszusuchen. Super, die Iren sind wirklich unkompliziert. Genau so großzügig würde es allerdings auch mit den Hygiene-Vorschriften gehandhabt... Nun man muss die Gegebenheiten so nehmen, wie man sie vorfindet. Auch wenn die in Irland vorgefundenen Bedingungen sicherlich nicht den EU-Hygiene-Standards entsprachen, konnte man so eine Situation "sauber" meistern. Das Tier soll sein Leben schließlich nicht umsonst gelassen haben, sondern bestmöglich als Lebensmittel verwertet werden.

Wie gehe ich vor, wenn ich, wie in Irland, "gezwungenermaßen" Wild verarbeiten muss und dafür keine zertifizierte Wildkammer zur Verfügung habe? Die wichtigsten Basics in Kürze.

WICHTIG: Grundsätzlich ist diese Handhabung NUR für den Eigengebrauch geeignet, eine Veräußerung zerwirkten Wildbrets ohne Registrierung (gilt auch für den privaten Jäger, der "mal eine Keule an den Nachbarn verkauft"), ist strafbar! Genauere Details erfahrt ihr beim Kreis-Veterinäramt/Lebensmittelüberwachung eures jeweiligen Landkreises.

Zu den Tipps & Tricks für die Hobbymetzger:


Kein fließend Wasser vor Ort?

Schale mit heißem Spülwasser (z.B. mit Wasserflaschen & Wasserkocher) zum regelmäßgen Säubern der Werkzeuge & zum Reinigen der Arbeitsoberfläche bereit halten. Zusätzlich: Schnelldesinfektionsmittel! Oberflächen/Werkzeuge reinigen, anschließend Desinfektionsmittel gemäß Herstellerangaben einwirken lassen. Wasser regelmäßig austauschen. Der Wasserkocher ist im übrigen auch sehr nützlich zur anschließenden Desinfektion der Messer usw., bei 100 Grad sterben die meisten Keime in kurzer Zeit ab.


"Schmutzige" von "sauberer" Arbeit trennen!

Beim Abschwarten/"Aus-der-Decke-Schlagen" greift eine Hand das verunreinigte Fell, das Messer in der anderen Hand verbleibt immerzu auf dem sauberen Bindegewebe! Sobald das Messer mit Fell oder anderen verunreinigten Stellen (z.B. Pansen, Hämatomen) in Berührung kommt, wird es in der Schüssel abgewaschen und desinfiziert oder gegen ein sauberes Messer ausgetauscht! Folglich sollte sauberes Wildbret niemals in Kontakt mit genannten verunreinigten Stellen kommen!


Genügend Einweghandschuhe!

Spätestens nach dem das Tier komplett gehäutet wurde, werden die Handschuhe gewechselt. Nun sollte auch das Messer gewechselt, oder zumindest ordentlich gereinigt und desinfiziert werden. Frische Handschuhe haben im übrigen noch Latex-Rückstände. Möchte man einen Kontakt mit dem Wildbret vermeiden, sollte man sich auch mit Einweghandschuhen vor der Arbeitsaufnahme die Hände waschen.


Großflächiges Abschärfen von Verunreinigungen, Hämatomen, usw!

Hier kommt es nicht darauf an, wenige Gramm Wildbret zu sparen. Wir wollen ein sauberes, gesundes Erzeugnis. Oberflächliche Verunreinigungen in Form von Schweiß oder Schnitthaar dürfen mit sauberem Wasser abgespült, sollten aber anschließend auch mit sauberen Tüchern getrocknet werden (Feuchtigkeit ist der Nährboden für Mikroorganismen!) Nach jedem Kontakt mit verunreinigten Stellen werden die Einweghandschuhe und Messer wieder gewechselt.


Einhaltung der Kühlkette!

Verarbeitetes Wildbret sollte sofort in sauberen, desinfizierten (Edelstahl-)Behältern in die Kühlung zurück (ohne direkten Kotankt zu "unsauberem" Wildbret, z.B. in der Schwarte!) Bei mangelnden Kühlmöglichkeiten und hohen Außentemperaturen während der Verarbeitung behilft man sich mit Eiswürfeln, die es an jedem Supermarkt und den meisten Tankstellen gibt. Edelstahl-Behälter für die fertig zerwirkten Einzelteile deponiert man in mit Eiswasser befüllten Schalen (Eiswasser transportiert die Kälte besser als reine Eiswürfel). Zum Schutz vor Fliegen deckt man die Behälter mit Folie oder Küchentüchern ab. Stofftücher sollten nicht mit dem Fleisch in Berührung kommen!


Vakuumieren & Einfrieren.

Jeder, der Wert auf Wildbrethygiene und Fleischqualität legt, sollte im Besitz eines Vakuumiergerätes sein und sich mit dessen Funktionsweise vertraut machen. Ein Tutorial wird hier demnächst folgen. Zusätzlich kann es ratsam sein, das Wildbret vor dem Verzehr bei mindestens -18°C für 3 Wochen einzufrieren, um etwaige Parasiten (z.B. Bandwurmfinnen) abzutöten. Das ist besonders wichtig, wenn man Wildbret roh verzehren möchte (z.B. Schinken, Salami, Tatar) oder kurzgebratene Steaks gerne blutig grillt.

Ich hoffe, es waren ein paar wertvolle Tipps für euch dabei. Natürlich gibt es noch viel mehr zu beachten. Was genau, erfahrt ihr in Zukunft hier beim Wildling.

Waidmannsheil,

Philip