Mein erster Bericht zu einer Jagdwaffe steht an und ich möchte in Zukunft einige meiner Schätze hier etwas näher vorstellen. Die Vorgehensweise soll dabei immer identisch sein, um euch so strukturiert wie möglich meine Entscheidung für genau diese Waffe zu erläutern. 

Die Ausgangssituation

Zum Zeitpunkt der Beschaffung hatte ich lediglich zwei Repetierer in den Kalibern 7x64 Brenneke und .308 Win. und eine Selbstladebüchse im Schrank. Die Selbstladebüchse war eine Heckler & Koch MR223. Warum ich diese gekauft hatte? Haben wollen... Eine nette Waffe, die für uns Jäger vor allem im Schießkino zuhause ist. Das Kaliber ist auf Reh- und Raubwild jagdlich natürlich absolut brauchbar aber irgendwie hat mich die ganze Sache nicht wirklich abgeholt und somit wurde sie bei meinem Waffenhändler des Vertrauens für die Kipplaufbüchse in Zahlung gegeben. Eines vorab: Ich bin kein Jäger, der andere Jäger für ihre Vorliebe für moderne Waffen schief anschaut. Für mich ist nur die sichere Handhabung und der waidgerechte Umgang mit einer Waffe entscheidend. Die unendlichen Diskussionen zu AR15 Systemen auf der Jagd jucken mich recht wenig in Anbetracht der Tatsache, dass der unter Jägern sehr beliebte 98er schon in vielen Kriegen seinen Dienst getan hat. 

In dieser ganzen Zeit habe ich mich zum ersten mal in meinem Jägerleben intensiv mit klassischen Kipplaufwaffen beschäftigt. Abende lang wurde gegoogelt, Berichte gelesen und Bilder sowie Videos angesehen. Ich hatte ein wenig die Lust an Repetierern verloren und so waren es klassische Kipplaufbüchsen, die mein Interesse weckten. Die schiere Einfachheit dieser Waffen hat mich fasziniert. Getreu dem Motto: "Weniger ist manchmal mehr" sind diese Jagdwaffen auf das Nötigste reduziert, kurz, leicht und extrem führig. Noch dazu sind sie ein absoluter Augenschmaus und ein jagdliches Statement - eine Hommage an das edle Waidwerk. Eine Kipplaufbüchse verkörpert Askese in Reinform. Nur ein einziger Schuss steht zur Verfügung. Ein Repetierer oder eine Selbstladebüchse dagegen erwecken häufig den Eindruck des inflationären Handelns - nahezu unbegrenzt ist der Munitionsvorrat im Magazin. Plump und mechanischer ist ihre Handhabung.

Betrachten wir es realistisch. Repetierbüchsen sind unheimlich gute und wertvolle Werkzeuge für uns Jäger. Eine Drückjagd ohne ist für mich nicht vorstellbar (das Thema Doppelbüchse mal außen vor gelassen). In manchen jagdlichen Situationen ist ein schneller zweiter oder sogar dritter Schuss unerlässlich und auch mehr als waidgerecht. Ich behaupte ein solider Repetierer sollte in keinem Jägerhaushalt fehlen. 

Was spricht also für die Anschaffung einer oft teuren Kipplaufbüchse? Nichts... zumindest kein rationaler Grund. Moderne Repetierer sind einer Kipplaufbüchse in deren Paradedisziplinen ebenbürtig geworden. Eine Blaser R8 mit Carbonschaft ist genauso leicht, genauso führig und genauso kurz wie eine Kipplaufbüchse. 

Fernab von rationalen Gründen und Argumenten öffnet sich nun die Welt der Kipplaufbüchsen. Die Sonne steht noch tief an diesem kühlen Morgen im Mai. Das Gras schimmert smaragdgrün unter der aufgehenden Sonne und der feine Morgentau schmiegt sich an die einzelnen Halme. Ein schwacher Jährling läuft über Wiese und sucht im gegenüberliegenden Stangenwald seinen Einstand. Ein kurzer Blick durch das Fernglas bestätigt den zum Abschuss freigegebenen Bock und der Jäger spannt die Büchse. Eine kurze aber entschlossene Bewegung am Kolbenhals verwandelt die auf der Brüstung liegende Kipplaufbüchse vom Stilelement in eine tödliche Jagdwaffe. Der Schütze lässt fliegen, der Bock zeichnet und fällt nach einer kurzen Flucht ins nasse Gras. Waidmannsheil.

So oder so ähnlich liest sich eine Geschichte, die für uns Jäger ein unvergessliches Jagderlebnis darstellt. Und damit wäre eigentlich auch schon der Bedarf nach einem solchen Jagdbegleiter erklärt. 


Das Modell

Ich hatte den Waffenhändler meines Vertrauens mit der Suche nach einer Kipplaufbüchse beauftragt. Der finanzielle Rahmen sollte mit Glas und Zubehör die Marke von 5.000€ nicht übersteigen. In der engeren Auswahl standen ausschließlich gebrauchte Waffen, da eine fabrikneue Waffe das Budget gesprengt hätte. Grundsätzlich waren folgende Modelle interessant: Krieghoff Hubertus, Merkel K3, Blaser K77 und K95, sowie eine Heym 44B. Zufällig hat ein anderer Kunde des besagten Büchsenmachers eine wunderschöne Blaser K77 Luxus zum Verkauf angeboten und somit war das Geschäft relativ schnell besiegelt. Ich hatte zuvor noch eine Blaser K95 in der Hand und ich fande die Verarbeitung der K77 noch um eine Klasse besser. Die K95 ist zwar um einiges leichter und filigraner als die K77, allerdings gefiel mir die Haptik der Waffe einfach nicht. Eine Krieghoff Hubertus konnte ich bisher nur auf Messen bewundern. Als Gebrauchtwaffen in einem geläufigen Kaliber sind diese extrem selten. Somit kam es leider nicht zu einer Kaufgelegenheit - sie wäre aber mein Favorit gewesen. Die Heym 44b hatte ich bisher noch nicht in der Hand. Diese Modelle sind wohl ebenfalls äußerst selten, da wenige Exemplare davon produziert worden sind.


Das Kaliber

Da ich diese Waffe nicht im Alltag verwenden wollte, musste es auch kein Universalkaliber sein. Es sollte nur hochwildtauglich sein. Die Verfügbarkeit der Munition sollte über Frankonia und Co. mit gängigen Geschossen gewährleistet sein. In die engere Auswahl kamen somit die Kaliber 6,5x57R, 7x57R, 7x65R, 8x57IRS und .30R Blaser. Ich finde eine Randpatrone gehört zu einer Kipplaufwaffe, auch wenn die Kaliberverfügbarkeit bei modernen Kipplaufwaffen weit über die genannten Randpatronen hinaus geht. Die Wahl ist mit dem Angebot der Blaser K77 Luxus dann mehr oder weniger zwangsläufig auf das Kaliber 6,5x57R gefallen. In diesem Bereich der Gebrauchtwaffen gibt es leider nicht die große Auswahl und man muss schon außergewöhnliches Glück haben, wenn man in einem absehbaren Zeitraum seine Wunschwaffe zu einem akzeptablen Preis findet. Die 7x57R wäre mir aufgrund der wesentlich größeren Auswahl bei Frankonia lieber gewesen.


Die Geschossauswahl

Seit der Anschaffung im Jahr 2020 habe ich mit der Waffe 7 Stück Rehwild erlegt und bin mit dem Kaliber überaus glücklich. Leider ist die Munitionsauswahl zu diesem Kaliber nicht sonderlich groß. Frankonia bietet aktuell als günstigste Patrone ein normales Teilmantelgeschoss von S&B für ca. 50€ die Schachtel an. Damit erzielt die Büchse zwar jagdlich absolut brauchbare Streukreise von 3-4cm auf 100m, ich wollte es aber präziser haben und somit fiel meine Entscheidung auf die RWS Kegelspitz. Damit konnte ich Streukreise von 2-3cm auf 100m erreichen. Die Kehrseite der Medaille ist aber der Preis. Etwas mehr als 110€ wechseln den Besitzer für eine Packung. Für mich nur akzeptabel, weil ich mit einer Packung ca. 2-3 Jahre auskomme. Die Wirkung auf Rehwild ist bisher sehr positiv zu werten. Wildbretverlust hält sich in Grenzen und die meisten Stücke liegen bei guten Kammertreffern am Anschuss. Bei einem Bock ging der Treffer voll aufs Blatt - hier musste ich das Blatt auf der Ausschussseite entsorgen. Ich werde jedenfalls das Geschoss weiterhin bewerten und bei Vorfällen, die meine Meinung ändern, werde ich den Beitrag entsprechend aktualisieren. 


Zielfernrohr

Glücklicherweise war auf der Waffe bereits ein brauchbares Glas aus dem Hause Swarovski montiert. Es handelt sich um das Modell Habicht 3-12x50 mit Schiene. Als Upgrade hat das Glas direkt die moderne digitale Leuchteinheit BE5 bekommen. Diese sorgt neben einem sehr filigranen Leuchtpunkt in der Nacht auch für eine ordentliche tageslichttaugliche Helligkeit. Montiert wurde die Optik mittels Blaserschwenkmontage. Auch hier wurde ich durch den Kauf vor vollendeter Tatsachen gestellt. Das Glas an sich ist fantastisch, da gibt es wenig Zweifel. Ich finde es jedoch etwas zu groß und zu schwer für die zierliche Büchse. Da ich die Waffe vorrangig bei Tageslicht zur Jagd führe, wäre ein Glas mit kleinerem Objektivdurchmesser sinnvoller gewesen. Eventuell kann ich in naher Zukunft noch einen Austausch mit einem anderen Modell aus dem Swarovski-Regal vollziehen. Die Montage möchte ich aus Kostengründen ungern ändern lassen.


Schalldämpfer

Eingefleischte Verfechter von klassischen Jagdwaffen werden mich vermutlich nun steinigen wollen. Ja, ich führe diese Waffe mit einem Schalldämpfer! Ist das optimal? Nein, aber... 

Ich bin kein großer Fan von Gehörschutz bei Ansitz und Drückjagd. In vielen Fällen muss es schnell gehen und die zusätzlichen Bewegungen zum Aufsetzen und Einführen von Gehörschutz bleibt meist vom Wild nicht unentdeckt. Über den ganzen Zeitraum der Jagd möchte ich den Gehörschutz nicht tragen, auch wenn er aktiv ist und gut funktioniert, so ist es trotzdem ein Handicap und die Wahrnehmung von Geräuschen ist beeinträchtigt. Auf deutsch: Das Ding nervt mich einfach. Was für ein Segen für Jäger und Hund war die Freigabe der Schalldämpfer. Sämtliche Probleme sind beseitigt, wenn einem der minimale Verlust von Führigkeit nichts ausmacht. Nun galt es nur noch ein Problem zu lösen. Eine Kipplaufbüchse ist ein filigranes und wohl perfekt ausbalanciertes Instrument zur Jagdausübung.

Ein klobiger Schalldämpfer am Ende des Laufes zerstört die ganze Haptik und so musste der erste, für die Kipplaufbüchse beschaffte Schalldämpfer, direkt danach wieder weichen. Nicht weil der Schalldämpfer schlecht war - im Gegenteil, das Modell von FBT (FineBallisticTools) INCA 44Ti tut seinen Dienst nun klaglos auf meiner Heym SR21. Er war einfach zu schwer und schon beim öffnen des Verschlusses kippte der Lauf viel zu schnell nach unten und es fühlte sich einfach falsch an. Einen zweiten Versuche wollte ich dann trotzdem noch unternehmen und so fiel meine Wahl auf das Modell INCA 32K OBS ebenfalls aus dem Hause FBT. Der Schalldämpfer verlängert die Waffe um 12cm, was bei einer Gesamtlänge der Waffe von ca. 100cm noch akzeptabel ist. Viel wichtiger ist aber das Gewicht! Mit 100g Gewicht ist das Modell dank 3d-Titandruckverfahren wohl der leichteste Schalldämpfer auf dem Markt und mit seinem schlanken Durchmesser von 3,2cm passt er perfekt zum zierlichen Laufprofil. Problem gelöst! Indoor ersetzt der Schalldämpfer aufgrund seiner geringeren Dämpfungsleistung keinen Gehörschutz. Auf dem Ansitz dagegen reduziert das kleine Wunderwerk der Technik den Schussknall soweit, dass ich auf zusätzlichen Gehörschutz verzichten kann.


Die Zusammenfassung

Ich hoffe ich konnte bei euch die Begehrlichkeit wecken eine solche Jagdwaffe besitzen zu wollen. Einen rationalen Grund dafür gibt es für mich keinen. In der so rationalen Welt, in der wir alle leben, ist es aber Balsam für die Seele, manchmal etwas herrlich irrationales zu tun. Eine Kipplaufbüchse ist fürs Jägerherz. Sie entschleunigt die Jagd und erinnert an die Gebote der Waidgerechtigkeit. 


Liebe Grüße und Waidmannsheil!

Euer xandertaler


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Hinweis

Die im Bericht genannten Erfahrungen sind meine eigenen. Ich werde weder von Blaser, FineBallisticTools, RWS, S&B oder Swarovski gesponsert noch habe ich die Waffe oder die erwähnte Ausrüstung für einen Test zur Verfügung gestellt bekommen. Trotzdem deklariere ich den Bericht als Werbung.