Moin moin Geartester,

mit einem Bericht aus der Praxis und für die Praxis möchte ich Euch mitnehmen und zeigen, wie meine Sauer 202 mich nun seit fast 12 Jahren begleitet und welche Entwicklungen sie in dieser Zeit mitgemacht hat.

Technische Daten und Ausstattung

Schon immer hatte ich wegen der Sauer 80 meines Vaters von einer eigenen geträumt und so kaufte ich Anfang 2010 im Alter von 22 Jahren die lang ersehnte Sauer 202 Elegance, Schaftholzklasse 6, mit Stahlsystem, im Kaliber 30-06 mit einer Lauflänge von 56cm, damals noch mit einer Standardbrünierung, einer EAW Schwenkmontage, offener Visierung und einem Schmidt und Bender Zenith, 2,5 – 10 x 56 mit dem Absehen FD7.

 4265€ inklusive Montage und Gewehrriemen – heute im Oberklassebereich undenkbar. Fix war das Gewehr auf dem Schießstand eingeschossen und so begleitete mich die Waffe auf unzähligen Ansitzen und Pirschgängen in verschiedenen Hochwildrevieren und streckte so ziemlich jedes der Stücke die ich in den Jahren von 2010 bis 2014 erlegte. 


Auf der Jagd mit der Sauer 202

Im Winter 2014 / 2015 stürzte ich mit samt der Waffe von einer gefrorenen Ansitzleiter und landete auf dem Schaft. Dieser zerbrach nahe der Systemaufnahme am Hinterschaft. Für solch einen ärgerlichen Unfall kann ich die Firma P. Kammermann in der Schweiz empfehlen, welche den Schaft für kleines Geld mit Stahlstiften flickte und das Ganze so perfekt, dass man es nur noch beim genauen Hinschauen sieht. Im Jahr 2014 wurde dann zusätzlich das Thema Schalldämpfer interessant für mich und so ersteigerte ich bei Egun einen gebrauchten .308 Win. Lauf in 51cm Ausführung und ließ bei der Firma Roedale ein M14x1 Gewinde auf die Standardkontur des Laufes schneiden und erwarb ebenfalls bei der Firma Roedale eines der ersten Delta Pro X Modelle. Ab diesem Zeitpunkt verschoss ich in der Sauer neben sehr viel RWS Übungsmunition das 150 grain schwere Trophy Copper Geschoss, mit dem ich bis heute sehr zufrieden bin. Zur Vorbereitung auf einen Jagdurlaub in den Bergen besuchte ich mit einem Freund das Müller Schießzentrum in Ulm und war sofort fasziniert von den dort möglichen und für mich neuen Schussentfernungen 200, 250 und 300m. Ich schickte umgehend nach dem Urlaub mein Zielfernrohr zu Schmidt & Bender und ließ dort einen ASV Turm montieren – für knapp 200€ ein Schnäppchen wie ich finde. Den mitgelieferten Blanco-Ring ließ ich nach ausgiebigen selbst durchgeführten Messungen des Geschossabfalls bei einem Schmuckhändler mit 1, 2, 2,5, 3 und 3,5 gravieren. Für 30€ ebenfalls eine überschaubare Investition.

Bei den nächsten Besuchen der 300 Meter Bahn funktionierte das Setup schon sehr gut – bis auf einen leidigen Punkt: Den Abzug! Nebenbei auch das aus meiner Sicht einzig zu kritisierende Bauteil der 202. Den Stecher benutze ich selbst sehr ungern und ohne Diesen, war das damalige Abzugsgewicht mit 1300 Gramm, gemessen mit einer Lyman Abzugswaage, doch sehr hoch und die Charakteristik für mein Verständnis nicht gerade die eines Premiumproduktes. Matchabzüge waren zum einen mit rund 600€ sehr teuer, zum anderen nicht mehr lieferbar. Atzl – fertigt leider nichts für die 202. Dann der Lichtblick – eine Firma in Österreich, Styria Arms in Niederwölz bot den Umbau des Abzugs an. Nach einem Telefonat mit dem Inhaber, war das Paket auch schon gepackt und das gesamte System ging in Richtung Österreich. Der Auftrag mit dem Umfang, Abzug auf 6 – 700 Gramm einstellen, Kammerstängel polieren um den Schlossgang zu verbessern – wobei man hier nur noch von Nuancen sprechen kann - und Stecher deaktivieren, war schnell erledigt, kostete mich damals inklusive Versand knapp 300€ und war und ist jeden Cent wert! Der Abzug bricht absolut trocken bei einem Gewicht von 600 Gramm und könnte für mein Verständnis in der jagdlichen Praxis nicht besser ausgelegt sein! Bei 20 Messungen lag die höchste Abweichung bei 5 Gramm und ist für mich damit zu vernachlässigen!

In den Jahren nach 2015 streckte ich mit der Waffe in Summe an die 500 Stück Rot, Reh und Schwarzwild – den größten Teil davon auf Entfernungen zwischen 80 und 250m. Der weiteste Schuss auf ein altkrankes Kalb brach dabei auf 378m und erlöste das Stück mit einem absolut sauberen Kammertreffer woraufhin ich dann auf annähernd die selbe Entfernung auch noch das sichernde Tier erlegte.


Die Überarbeitung

Letztes Jahr entschied ich mich dann die Sauer statt eines Neukaufs einer Waffe nochmals zu überarbeiten. Auslöser hierfür war das Valentinstags Geschenk meiner Frau - ein Lochschaft aus Holz für rund 600€, wohl keine originale Sauerware, dennoch ist die Passform gut, der Schaft selbst etwas klobiger und schwerer als der fein gefertigte Originale in HK 6, was aufgrund des Preisunterschieds aber durchaus nachvollziehbar erscheint. Der Winkel des Pistolengriffs und die Haptik speziell beim Schuss sitzend aufgelegt sind für mich unübertroffen und der Schaft liegt wahnsinnig gut beim flüchtigen Schuss. Hinzu kam dann noch ein Wechsellauf der Firma Team Cema, Hersteller Lothar Walter, ebenfalls in .308 Win., 47cm LL in Semi Weight Ausführung, mit einer Kannelierung und einem M18x1 Gewinde versehen. 

Reine Spielerei und die Angst davor, dass irgendwann kein Lauf mehr lieferbar sein könnte – letztendlich aber frei nach dem Motto: Haben ist besser als brauchen. Mit knapp 1500€ nicht ganz günstig aber ein feiner Lauf. Er verträgt alle durch mich getesteten Laborierungen und stanzt mit diesen, genau wie mit dem 150 grain Trophy Copper zuverlässig 20mm Streukreise auf 100m in die Pappscheibe.

100m
200m
300m

40 und 60mm auf 200 bzw. 300m wobei ich auf 300m bessere Ergebnisse auf die Bock- als auf die Kreisscheibe erziele, was ich darauf schiebe, dass man mit der 10-fachen Vergrößerung die Schusspflaster schlichtweg nicht mehr einwandfrei erkennen kann, beim Reh hingegen der Haltepunkt durch mich einfach klarer bzw. besser ist. Das ganze Paket ging dann noch zu Karsten Daniels Ilaflonbeschichtung wo die mittlerweile stark abgegriffene Brünierung für etwas über 400€ durch eine herrliche und zartmatte Beschichtung erneuert wurde. Die Waffe erstrahlt – abgesehen von dem abgegriffenen Zenith – in neuem Glanz und ich freue mich jedes Mal, wenn ich sie aus dem Schrank nehme. Das Zenith wird hier im Übrigen nur nebenbei erwähnt, für mich aber ganz klar nach fast 12 Jahren hartem Einsatz, eines der wohl besten Gläser die zum damaligen Zeitpunkt auf dem Markt waren.


Fazit

Sicher habe ich in den letzten Jahren ein paar Euros in die Waffe investiert aber keinen bereut. Die Waffe ist und bleibt ein Premiumprodukt mit einem kaum zu übertreffenden Schlossgang und vor allem einem guten Stück Geschichte meines persönlichen Jägerlebens. Ich möchte dieses Gewehr nicht missen und nehme sie jederzeit gerne und voller Vertrauen aus dem Schrank – auch wenn, mittlerweile doch eine R8 neben diesem feinen Gewehr im Schrank steht. Präzise und schön, das beschreibt meine Sauer wohl am ehesten und mit einem Tropfen Öl sowie etwas Übung, lässt man auch die gesamte Geradezugfraktion im Schießkino mächtig ins Schwitzen kommen, wenn man mal die Stoppuhr drückt – spätestens mit dem 6. und damit letzten Schuss aus dem großen Drückjagdmagazin 😊

Allzeit Waidmannsheil.

Peter