Moin Geartester, ich stelle euch hier das Pulsar FN455 vor. Es handelt sich bei dem digitalen Nachtsichtgerät um den Nachfolger des bekannten FN155. Mit seiner niedrigen UVP von 1300 € ist das Dual-Use-Gerät ein sehr guter Einstieg in den Bereich der Nachtsichttechnik. Es lässt sich vor ein Zielfernrohr montieren, funktioniert mit einem Okular aber auch hervorragend zum Beobachten von Wild in der Dunkelheit.


Allgemeines zum Pulsar FN455

Das Pulsar FN455 ist mit einem CMOS HD 1280x720 Sensor ausgestattet, welcher ein kontrastreiches Schwarz-Weiß-Bild liefert. Es hat ein AMOLED Display mit einer Auflösung von 1746x1000 Pixeln. Im Lieferumfang befindet sich neben Ladekabel, Akkuladestation und einem LED-IR-Aufheller auch ein Okular mit einer 5-fachen Vergrößerung. Das FN455 an sich vergrößert nicht. In Kombination mit einer Tageslichtoptik ist maximal ein 8-facher Zoom sinnvoll. Darüber hinaus herrscht Pixelsalat. Für Foto- und Video-Aufzeichnungen steht ein großer Speicher mit 16GB zur Verfügung. Eine extrem schnelle Anschaltzeit von weniger als drei Sekunden macht das Gerät sofort einsatzbereit, wenn es gebraucht wird. Das FN455 macht einen robusten Eindruck und ist gut verarbeitet. Mit einem Gewicht von 717 Gramm ohne Strahler und Adapter gehört es nicht grade zu den Leichtgewichten. Daher ist eine gute Verbindung zwischen Waffe und Tageslichtoptik Voraussetzung, wenn das Zielfernrohr nicht in der Montage wandern soll. Das Pulsar FN455 besitzt die Schutzklasse IPX7 und ist damit bestens gegen jede Art von Niederschlag geschützt. Über die vier Tasten auf dem Gerät lässt es sich einfach und intuitiv bedienen. Auch auf der Oberseite befindet sich ein Drehknopf zum einstellen der Schärfe.


Die Stromversorgung

Die Stromversorgung ist ein enormer Vorteil für alle Besitzer von Wärmebildgeräten der Helion Serie, denn das FN455 wird ebenfalls mit dem bewährten B-Pack Lithium-Ionen-Akku betrieben.

Der schnell wechselbare IPS7-Akku mit 6400 mAh erreichte im Test eine Laufzeit von 8 stunden 23 Minuten. Diese variiert natürlich, je nach Benutzung des internen Strahlers oder der WLAN-Funktion. Es lassen sich natürlich auch größere Akkus der B-Pack Serie benutzen. Meiner Meinung nach aber unnötig, weil sie das Nachtsichtgerät noch sperriger und schwerer machen würden, als es sowieso schon ist.

Die SumLight-Funktion

Im Gegensatz zum Vorgänger, dem Pulsar FN155 besitzt das FN455 eine neue Funktion. Sie ermöglicht es, auch ohne eine fremde Lichtquelle bei schlechteren Lichtverhältnissen zu jagen. Dies geschieht laut Hersteller über einen Algorithmus, welcher die Empfindlichkeit des Gerätes erhöht, aber ohne einen Verlust der Bildqualität. So reichen ein wenig Mond- oder Streulicht oftmals aus, um Schwarzwild zu erlegen. Ein zusätzlicher Aufheller ist nicht zwingend nötig. Ich war überrascht von der Leistung dieser SumLight-Funktion.

Bogen-Target "Frischling" auf 30 m mit der SumLight-Funktion

Wie auf den Vergleichsbildern zu sehen ist, lässt sich ein Frischling bei einer Entfernung von 30 m sowie auf 50 m sauber erlegen. Das Bild oben wurde bei leichtem Streulicht und einer Wolkendecke aufgenommen (mit dem Zielfernrohr war die Sau nicht als solche zu erkennen). Trotzdem ist eine Legalisierung von zusätzlichen Lichtquellen am Gerät sehr wünschenswert, um ein Ansprechen zu verbessern und die effektive Reichweite der Technik zu erhöhen.

Der Infrarot-Strahler des FN455

Wichtig: Je nach rechtlicher Lage im jeweiligen Bundesland, darf kein IR-Aufheller an der Waffe befestigt werden! Im Lieferumfang befindet sich ein abnehmbarer IR-Strahler von Pulsar, welcher mittels Picatinny-Schiene am FN455 befestigt werden kann.

Pulsar FN455 im "Beobachtungsmodus" mit Okular und Standard-Strahler

Bei der Montage als Vorsatzgerät an einer Waffe, lässt er sich, wo nicht erlaubt, einfach abnehmen. Dies ist ein großer Vorteil im Gegensatz zu günstigeren Nachsatz-Lösungen, bei denen ein Strahler fest verbaut ist.

Pulsar FN455 ohne Aufheller, bereit zur Adaption an einem Zielfernrohr

Der Pulsar LED-Aufheller hat eine Wellenlänge von 940 nm und ist damit unsichtbar. Er wird vom FN455 mit Strom versorgt und verfügt über drei Intensitäts-Stufen. Leider hat er ein paar Nachteile wie z.B. die mangelhafte Ausleuchtung im oberen Bildbereich sowie fehlende Leistung auf weite Entfernung. Der zugehörige Strahler von Pulsar kann leider weder ausgerichtet noch fokussiert werden.

Ich habe das FN455 deswegen für das Beobachten mit einem LASERLUCHS LA850-50-PROII aufgerüstet.

LASERLUCHS LA850-50-PRO-II am FN455

Dieser Laser lässt sich über die LA-BRACKET03 Montage gut ausrichten und fokussieren. Im Wald ist das häufiger notwendig, um eine Reflexion des Lichtes an z.B. seitlichen Ästen oder Bäumen zu verhindern.

Vergleichsbild auf ein 30 m entferntes Bogen-Target in der Größe eines Frischlings. Links mit der SumLight-Funktion, in der Mitte mit dem Pulsar- Strahler und rechts mit dem Laserluchs LA850-50-Pro-II
Vergleichsbild auf ein 50 m entferntes Bogen-Target in der Größe eines Frischlings. Links mit der SumLight-Funktion, in der Mitte mit dem Pulsar- Strahler und rechts mit dem Laserluchs LA850-50-Pro-II

Bei dem Vergleichsbild auf 50 m sieht man direkt, dass sich das Geld für einen fokussierbaren Strahler bezahlt macht. Ein 100 % augensicherer und hochwertiger Laser ist dabei natürlich ein Muss.

Vergleichsbild auf ein 100 m entferntes Bogen-Target in der Größe eines Frischlings. Links mit der SumLight-Funktion, in der Mitte mit dem Pulsar- Strahler und rechts mit dem Laserluchs LA850-50-Pro-II

Auch auf 100 m kann man die Sau noch gut erkennen. Zum Erlegen wäre meiner Meinung nach nun ein Strahler nötig.


Der Schusstest mit dem Pulsar FN455

Wie immer entscheidet der Schusstest über die Praxistauglichkeit eines Dual-Use-Gerätes. Ein Vorteil digitaler Nachtsichttechnik ist, dass das Einschießen auch am Tag möglich ist. Röhrengeräte können dadurch Schaden nehmen. Sie müssen zwar nicht eingeschossen werden, aber auch hier sind mindestens ein paar Kontrollschüsse angebracht, um die Treffpunktlage zu überprüfen. Das ist das Mindeste bei einer waidgerechten Jagd.

Montiert wird das Pulsar FN455 mit einer Vierpunkt-Bajonett-Montage. Im Test wurde ein Rusan-Adapter verwendet, welcher im Jagdbetrieb auf der Waffe verblieb. Die Vierpunkt-Bajonett-Montage erwies sich ebenfalls als zuverlässig und ausreichend wiederholgenau. Durch sie lässt sich das FN455 schnell vorsetzen. Bei meiner Kombination (Waffe, Montage, Optik) stellte ich eine Abweichung von 8 cm auf 80 m fest. Meistens liest man aber, dass ein Einschießen nicht nötig war. Das Verstellen war aber schnell gemacht und verlief problemlos.

Streukreis mit dem FN455 auf 80 m direkt nach der ersten Montage und vor dem Einschießen. Setup: Blaser R8 (.308win, 42 cm Lauf, Ase Utra Sl7i) mit Leica Fortis6 2-12x50 auf einer Dentler Montage mit 30 mm Ringen. 

Der Streukreis jedoch überraschte mich positiv (nach jedem Schuss wurde das FN ab- und wieder aufgesetzt). Kleiner Tipp: Am besten funktionierte ein schwarzer Karton mit pinker Forst-Farbe. Hier war der Kontrast sehr gut.

Pulsar Streamvision App

Über die App können Updates auf das FN455 gespielt werden. So bleibt man immer auf dem neusten Stand und profitiert von leistungssteigernder Software. Die Bildübertragung auf ein Handy via Streamvision-App sowie diverse Einstellungen wie z.B. Kontrast oder Helligkeit sind wie bei den Wärmebildgeräten der Helion-Serie ebenfalls möglich.

Auch das Übertragen von Fotos oder Videos (mit Ton) ermöglicht die App. Dies geschieht aber leider nur sehr langsam und sollte von Pulsar dringend verbessert werden.

Unterschiede zum FN155

Im Vergleich zum Vorgänger, dem FN155, verfügt das FN455 über einige Vorteile. Es hat eine höhere Auflösung von 1280x720 Pixeln (FN155: 702x526 Pixel) und somit eine bessere Bildqualität. Außerdem wird das FN455 mit einem größeren Akku (IPS7 statt IPS5) geliefert. Des Weiteren lässt es sich auch ohne künstliche Lichtquelle jagdlich einsetzen, was zum heutigen Zeitpunkt rechtlich enorm wichtig ist.

Fazit

Das Pulsar FN455 hat ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Es ermöglicht das Erlegen von Schwarzwild im Bereich normaler jagdlicher Entfernungen (bis ca. 120 m) bei Nacht. Das Entdecken von Wild ist natürlich auch auf höhere Entfernungen möglich. So konnte ich Sauen und Rehe auf 350 m leicht voneinander unterscheiden. Besonders gut haben mir die lange Akku-Lebensdauer sowie die SumLight-Funktion gefallen. Natürlich muss man bedenken, dass es bei höherer Vergrößerung des Zielfernrohrs zu einem verpixelten Bild kommt, was in dieser Preisklasse jedoch zu verzeihen ist. Wünschenswert ist eine schnellere Übertragungsrate für das unmittelbare Ansehen und Auswerten von Videos nach dem Schuss. Unterm Strich kann ich das Pulsar FN455 Jägern empfehlen, welche ein preiswertes Nachtsichtgerät zur Montage vor ihr Zielfernrohr suchen.

Jonas vom Jagdzeit-Team


Diesen und weitere Berichte findet ihr auf www.jagdzeit.de