Inhalt
„Ich war gut drauf!“ - ein Satz, den jeder Hundeführer nur zu gut kennt. Doch wie verhalte ich mich richtig, wenn das Stück nach dem Schuss nicht in Sichtweite liegt? In den folgenden Zeilen möchte ich hier das Vorgehen schildern, welches ich empfehle.
Beginnen wir beim Urschleim. Was ist eigentlich eine Nachsuche? Gesetzlich heißt es in etwa, dass die Nachsuche eine Verfolgung kranken Wildes - auch über Reviergrenzen hinaus - zur Erlösung desselben sei. Hierbei muss es sich übrigens nicht immer um krankgeschossenes Wild handeln, sondern auch verunfalltes oder sichtbar krankes Wild gehört dazu. Zumeist ist jedoch der Schuss Auslöser des Übels.
Grundsätzlich teile ich die Suche mit dem Hund in folgende Kategorien ein:
1. Kontrollsuche
Die Kontrollsuche erfolgt auf einen Schuss, bei dem Verbleib und Verwundung des Stückes gänzlich unklar sind. Zum einen dient sie der Findung des Anschusses, zum anderen aber auch dem Ausnaschluss eines Treffers.
Oftmals muss es bei der Jagd schnell gehen und besonders in unübersichtlichem Gelände oder bei schwindenden Lichtverhältnissen reicht die Verfehlung des Anschusses um wenige Meter aus, sodass der Schütze diesen nicht auf Anhieb selbst findet. Aufschluss über Verbleib des Wildes kann folglich nur der Hund liefern. Das Ansetzen des brauchbaren Hundes kann dann auch schon nach kurzer Wartezeit erfolgen, sodass gut getroffene Stücke alsbald gefunden und versorgt werden können. Wie bereits beschrieben, kann natürlich auch ein Fehlschuss die Diagnose der Kontrolle sein. Im Leben geht eben so mancher Schuss daneben und schließlich ist der Fehlschuss der zweitbeste Schuss, da das Wild nicht zu Schaden kommt. Neben dem guten Schuss und dem Fehlschuss kann es leider aber auch Anzeichen einer echten Nachsuche geben, wenn nämlich Schusszeichen gefunden werden, die ein rasches Verenden des Wildes aller Voraussicht nach ausschließen. Dazu aber später mehr.
2. Einfache Totsuche
Die Vorstellung, dass gut getroffenes Schalenwild sich im Schuss einfach fallen lässt und verendet ist leider nur Wunschdenken. Die Realität erdet den Schützen oftmals, der sich wundert, wie weit das doch so gut getroffene Wild noch im Stande ist zu gehen.
Je nach Körpergröße, Wildart und Situation sind hier bis zu 100 Meter Todesflucht gängige Praxis, manchmal sogar mehr. Was verrät dem Schützen also nun, dass es sich um eine einfache Totsuche handelt? Grundsätzlich sollte man immer nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten jagen, sich mit dem Schuss auf Wild nicht aus der eigenen Komfortzone bewegen, um möglichst sicher im Sattel zu sitzen.
Insbesondere wichtig ist es hier, alle Sinne mit einzubeziehen. Darunter fallen zum einen der Blick durchs Feuer und zum anderen das Hören des Kugelschlages und das Verendens des Stückes. Zeichnet das Stück also auf guten Schuss und bricht es gegebenenfalls hörbar zusammen, sollte uns am Anschuss keine große Überraschung erwarten.
Gute Schusszeichen in Form von Lungen- oder Herzschweiss sollten uns in Sicherheit wiegen, in Kürze am Stück zu stehen. In dem Fall, dass das Stück trotzdem auf Grund der Vegetation nicht zu finden ist, kann der Hund ohne längere Wartezeit helfen. Wichtig ist mir hierbei allerdings wirklich das Wort „Totsuche“ zu verwenden. Gelinde gesagt könnte jeder Hund, der nur halbwegs eine Nase im Gesicht trägt, ein solches Stück finden. Eine waschechte Nachsuche, teils über Kilometer in schwierigem Gelände, mit wenig Bestätigung, Hetze und Stellen des Stückes… sowas geht weit über die einfache Totsuche hinaus und erfordert grundsätzlich den Einsatz eines versierten Gespannes.

3. Nachsuche
Wir sollten uns gleich zu Beginn die rosarote Brille vom Gesicht nehmen und uns eingestehen, dass nicht jeder Schuss gut sein kann. Wild krankzuschießen gehört leider zur Jagd dazu und auch wenn es nur der kleinste Teil des Ganzen sein mag, ist es doch ein sehr unangenehmer und gleichzeitig sehr verantwortungsvoller Teil.
Mit einem guten Gespann die leidende Kreatur zu erlösen und unseren Schnitzer gradezubügeln gehört nicht nur zu Waidgereichtigkeit und zum Gesetz, sondern auch zum Ehrenkodex jeden Waidmannes. Es ist übrigens auch überhaupt nicht schlimm, sich den schlechten Schuss einzugestehen. Ganz im Gegenteil! Man macht sich hiermit ehrlich und glaubwürdig, abgesehen davon, dass wir gesetzlich dazu verpflichtet sind. Zu oft heißt es heute „Ich habe mal mit der Kamera geschaut, da ist nichts!“ oder „Da ist nichts zu finden, dann hat es auch nichts!“.
Weit gefehlt werte Waidgenossen!
Schusshartes Wild, unübersichtliche Situationen, Aufregung, mangelnde Praxis oder einfache Irrtümer können schon dazu führen, dass selbst gut geschossenes Wild nicht auf Anhieb zu finden ist. Jeder kennt die Sau, die weder zeichnet noch schweißt, selbst bei Schnee und trotzdem nach dreißig Gängen in ihrer Fährte zusammenbricht. Unzählige Beispiele lehrt uns hier die Praxis.
Außerdem kommt der Hundeführer lieber „umsonst“, als dass das Stück verludert. Bekommt man im Übrigen Ärger oder Spott für einen schlechten Schuss, sollte man wohl den jagdlichen Freundeskreis ausdünnen. Notorisch schlechte oder unsichere Schützen darf man aber natürlich auch mal auf den Schießstand schicken oder sie begleiten. Aber zurück zur Nachsuche.
Bricht der Schuss und es ist klar, dass das Stück krankgeht, sollte man umgehend versuchen, einen Fangschuss abzugeben. Und selbst wenn dieser auf der Keule landet: es gilt das Wunde Stück zu immobilisieren und schnellstmöglich zu erlösen. Sollte dies aber nicht der Fall sein und uns am Anschuss klarwerden, dass es sich wohl nicht um einen guten Schuss handelt, muss ein professionelles Gespann ran.
Und ja, werte Waidgenossen, ein professionelles! Gespann und nicht der fünfzehn Jahre alte Teckel des zweiundneunzigjährigen Beständers, der doch immer alles gefunden hat… Aber woher bekomme ich das? Keine Sorge, die Mitjäger verfügen sicherlich über notwendige Kontakte und auch das Internet kann weiterhelfen. Listen mit Hundeführern oder Seiten von Schweisshundestationen lassen sich bequem via Internet finden.
Und dann?
Dann ruft man eben den an, den man bekommt. Sicherlich sollte die erste Wahl den Umkreis des Anschuss umfassen, sodass lange Anfahrten vermieden werden. Grundsätzlich sind Hundeführer unter sich aber gut vernetzt, sodass auch Hundeführer, die von weiter weg kommen, andere Kollegen kennen oder gar selbst kommen. Letztlich ist ihnen jede Abwehr von Tierleid wichtiger, als ein paar Kilometer mehr zu fahren.
Und nun geht die Fragerei los und bitte lieber Schütze sei hier schonungslos ehrlich!
Keine Information wird dem Hundeführer vorenthalten, nichts wird ausgeschmückt oder angepasst, am Ende kommt es doch raus. Und versteht bitte den Hundeführer, der nicht in der Dickung oder im Schilf feststellen möchte, dass der vermeidliche Frischling bereits mehrfacher Uropa ist und Waffen trägt, die einem Säbel gleichkommen.
Welche Infos benötigt der Nachsuchenführer?
- Wann wurde geschossen?
- Auf was wurde geschossen?
- War das Stück allein oder im Verband?
- Wie war das Verhalten im und nach dem Schuss?
- Wurde ein Anschuss gefunden? Wenn ja, was wurde gefunden und wie wurde er markiert?
- Wie weit und womit wurde geschossen?
- War bereits ein Hund zur Suche da?
- Wer kommt zur Einweisung, und wer begleitet den Hundeführer?
Dies sind nur ein paar Beispiele. Grundsätzlich bildet sich jeder Hundeführer sein eigenes Bild, sodass auch andere Fragen aufkommen können. Wichtig ist vor allem der Transport dieser Infos, sodass es tatsächlich ratsam sein kann, nach dem Schuss sämtliche Dinge zu notieren, zu fotografieren oder anderweitig zu dokumentieren.
Baumt man erstmal von der Kanzel ab, erreicht man buchstäblich den Boden der Tatsachen. Dinge wirken anders, in der Aufregung vergisst man etwas und je länger man darauf rumdenkt, desto öfter ändern sich Tatsachen in der Wahrnehmung. Heutzutage ist schnell eine Sprachnachricht zur Dokumentation verschickt oder Notizen auf dem Smartphone gemacht. Ein kleiner Trick, der gerade Jungjägern gut helfen kann.
Und was nun?
Warten. Das Stück krank werden lassen. Was so martialisch klingt, ist leider oft der Schlüssel zur erfolgreichen Nachsuche. Läuft man dem wunden Stück unmittelbar nach dem Schuss hinterher, zieht dies nur eine ellenlange Flucht nach sich, in dessen Konsequenz wir es dem Hundeführer nur noch schwieriger machen. Das Stück muss ins Wundbett gehen, um womöglich bestenfalls zu verenden oder aber nicht mehr vor dem Hund davon zu kommen. Wird es wieder hoch, so kann nur noch der Hund es zu Stande hetzen wobei der Hundeführer es dann erlösen kann. Mehrere Stunden oder gar die ganze Nacht muss hier gewartet werden, bevor man beginnt. Was hier in wenigen Zeilen geschrieben ist, kann Stunden und Tage dauern sowie schweißtreibender und teils gefährlicher Einsatz sein, vor dem ich nur meinen Hut ziehen kann.

Was ist, wenn das Stück nicht gefunden werden kann?
Grundsätzlich sollte man der Einschätzung des Hundeführers Glauben schenken. Ist er sich unsicher, wird er das Stück nicht aufgeben und gegebenenfalls einen anderen Kollegen um Hilfe zu bitten. All der Einsatz soll uns aber nicht glauben lassen, dass jedes wunde Stück zu finden oder zu erlegen sei. Sollte das Stück selbst mit Einsatz eines professionellen Gespannes nicht zu finden sein, dann ist das leider die traurige Realität. Herzaubern kann auch der beste Hundeführer das Stück nicht. Sicherlich ist die Tatsache, dass man alles getan hat, um das Stück noch zu bekommen ein kleiner Trost, es sollte uns aber nicht glauben lassen, dass eine Schusswunde einfach zuheilt, wie ein kleiner Schnitt. Viele Schmerzen, physischer aber auch psychischer Natur werden die Folge für das Stück sein und am Ende kann es auch jämmerlich eingehen. Wir sollten hier also die Chance ergreifen und Ursachenforschung betreiben. Auswertung der Situation, Kontrollschuss und Übungsschießen können uns hier mental wieder einfangen.
Ich empfehle übrigens jedem Jäger, mal ein Gespann zu begleiten. Man wird stauen, was diese Leute können und was man selbst noch lernen kann.
Eine Frage bleibt aber noch. Wie bedankt man sich?
In erster Linie ehrlich und aufrecht. Kein Hundeführer wird des Geldes wegen kommen, wobei aber mindestens die Fahrtkosten und ein Beitrag zur „Hundekasse“ Hundeführers dabei rausspringen sollte. Ich denke 30 - 150 € sind hier je nach Situation realistisch.
Letztlich bleibt mir nur eins: sowohl den ehrlichen Schützen, besonders aber den Hundeführern und deren Hunden zu danken, die unsere Fehler mit so viel Einsatz und Engagement auszumerzen versuchen. Ho’ Rüd‘ Ho‘!
Schreibt mir gerne eure Meinung zu dem Thema in den Kommentaren oder folgt mir bei Youtube oder im Web:
Youtube: https://www.youtube.com/channel/UC-uxHwsP1DURB17sn38moLg?cbrd=1
Web: https://jagdreisen-brandenburg.com/
