Eine Ode an die Mannlicher-Schönauer Mod. GK

WaldSucht_Alex.
12 Min. Lesezeit
STEYR Mannlicher-Schönauer GK Stutzen 7x64 mit später umgebautem ZF ZEISS Diavari 3-12x56

Vor einiger Zeit hatte ich hier auf Geartester.de einen Text über eine meiner Waffen geschrieben. Es ging um eine alte STEYR Mod. M - die ich aus einer Sentimentalität heraus Astrid nenne - verbunden mit dem Gedanken ab und an mal einen Gang zurückzuschalten und weniger nach der neusten Technik für den Wald zu suchen.
Dabei hatte ich Bedenken, ob der Text auf Geartester.de überhaupt richtig platziert ist; oder ob ich mit meiner alten Büchse lieber weiter die Generation 70+ meiner Kreisjägerschaft beeindrucke… Der Text wurde dann „Bericht des Monats April 2025“ - was mich doch wirklich sehr überrascht und gefreut hat. Mein Dank und WMH an die Redaktion!

Heute also nochmal 10 Jahre zurück. STEYR Mannlicher-Schönauer GK in 7x64 in Vollschäftung, gestempelt 1964. Die Mannlicher-Schönauer GK verkörpert eine Zeit, in der das Handwerk abseits von computergesteuerter Fertigung noch deutlich aufwendiger war. Heute kann man sowas nicht mehr produzieren, viel zu teuer! Es will auch keiner mehr mit solch einer Waffe raus. Gefragt sind Geradezugrepetierer, Aufnahmen für ein Zweibein, Picatinny-Schienen, Kunststoffschäfte usw. GK bedeutet übrigens gekröpfter, bzw. gekrümmter Kammerstengel. Vorsicht: im Netz werden reihenweise „GK“ angeboten die gar keine sind!

GK ist, wo „Mod. GK“ draufsteht. Hier im Detail der geriffelte Patronenhalter. Durch Betätigung kann damit das innenliegende Trommelmagazin entladen werden. Viel Mechanik die zuverlässig funktioniert, aber eben enorm Geld in der Fertigung kostet. Heute: Plastikeinsteckmagazin, Zulieferer aus China… Man beachte die konkaven und konvexen Linien des Systemaufbaues und die Oberflächenbearbeitungen. Vorne der Fuß für die Schwenkmontage des ZF und davor Klappkimme für Entfernungen bis 300m. Kann zugegeben heute das ballistische Zielfernrohr deutlich sicherer!

Zeitreise in „die Werkstatt“

Die Waffe stammt aus einer Zeit, in der Maschinenführer*innen noch „Arbeiter“ hießen, vielleicht ein Leben lang den immer gleichen Arbeitsschritt machten und zur Perfektion führten. Eine Zeit, in der Schäftungen noch von Menschen aus Holz mit viel Aufwand gemacht wurden und nicht wie heute aus der Spritzgussform kommen und man sich nicht mal mehr die Mühe macht das Werkstück zu entgraten.

In Waffen wie der Mannlicher-Schönauer stecken viele Stunden handwerklichen Schaffens und Hingabe. Das fängt an bei so vermeintlich einfachen Sachen einer von Hand geschnittenen Fischhaut bin hin zu Details wie dem Korn oder dem komplizierten Aufbau des Magazines.

Kornrampe (in der Anleitung als Körnhülse bezeichnet) mit gerundetem Anstieg, Schwalbenschwanzführung für Kornträger und ablaufender Rampe mit aufwendiger Oberflächenbearbeitung. Hier steckt die Arbeit im Detail. Das „Perlkorn mit Silberpunkt“ dann noch detaillierter und aus verschiedenen Materialien. Schalldämpfer nachrüsten? … bitte nicht!
Das innenliegende Magazin. In diesem lagern staubgeschützt 5 Patronen, die sechste liegt bei Bedarf im Patronenlager. Die gleitenden Teile sind aus Stahl gefräst und dann poliert. Das Ganze in einem gefederten Drehstab gelagert und gemacht für mehrere Generationen.
Hier muss was Klassisches durch: Canvas, Leder oder auch ein „Rigby“… sicher kein Polyamid mit „Klipse“.

Bewusst „langsam“ Jagen:

Die Entscheidung mit einem Gewehr wie dem Mannlicher-Schönauer GK heute noch zu jagen ist ein bewusster Akt der Reduktion und der Auseinandersetzung mit der Natur und sich selbst. Die Jagd mit dieser alten Büchse verlangt nicht nur Geschick, sondern auch mehr Geduld und Respekt für die Tierwelt. Auch wenn ein "fast neues" 56er Glas mit gerade mal 30 Jahren auf dem Buckel mit so genanntem „Dämmerungsabsehen“ oder Absehen 1 von ZEISS montiert ist, mehr als 120m gehe ich damit nicht raus.

Bin Fan vom Absehen 1, was auch als „Normal-Absehen“ oder „Dämmerungsabsehen“ bezeichnet wird. Die Leistung des ZEISS Diavari VM 3-12x56 beim so genannten „letzten Büchsenlicht“ finde ich immer wieder erstaunlich. Früher galt: passt der ca. 70cm lange Bock in das Absehen hinein, ist er 100m weit weg. Hat damals auch ohne RangeFinder ganz gut funktioniert. Bei der Drückjagd auf die trollende Sau dachte man sich damals: der Beginn des dicken Striches der jeweiligen Horizontale ist der Vorhaltepunkt.

Natürlich schätze ich die jüngsten Entwicklungen in der Waffentechnologie, denn sie bringen mehr Sicherheit – was aber auch weniger Können abverlangt. Ein moderner Geradezugrepetierer wie z.B. das neue M25 von Mauser lässt sich super bedienen. Eine Sicherung, eine Bewegung, ein Abzug; fertig. 
Ganz anders mutet da die Mechanik einer Mannlicher-Schönauer an: Drehkammerverschluss, Flügelsicherung , dazu eine Schiebesicherung und der deutsche Stecher. Mit so einer Büchse muss man arbeiten, solch ein Gerät wird „wenn es schnell gehen muss“ bei Ungeübten weniger performen. Klar wird das auch, wer mal in die Bedienungsanleitung schaut. Heute kucken wir für sowas ein "tutorial" im Netz an, damals schrieben Ingenieure sperrige Texte darüber, wie ein Verschluss zu zerlegen ist. 

Offener Verschluss: Der Kreuzschlitzsenkkopf unter der Pirschsicherung ist nicht Original, da gehört eine schwarze Linsenschraube hin.

Die Mannlicher-Schönauer GK bediente einst eine Jagd, die anders ist als die Heutige. Sie kommt aus einer Zeit, als es keine digitalen Revierkarten gab, kein Navi, kein Handy. Keine Apps für das Wetter oder das Ansprechen der Flora und dem Bestimmen von Vogelstimmen. Für mich ist diese Büchse eine Brücke für das Zusammenspiel von Mensch, Geschöpf und Natur. Und mir ist klar, dass ich hier mit einer Epoche spiele, die so nie wieder kommen wird… ich lebe hier in meiner eigenen „Bubble“.

Zusammenfassung, soweit möglich…


Wer also vielleicht auch wie ich in diesem Bereich ein bisschen auf der Suche ist, ggf. einen 98er schon im Schrank hat, der hat vielleicht an einer Schönauer seine Freude. Je nach Erhaltung, montiertem Glas und Ausführung als Vollschäftung (Stutzen) oder Halbschaft kann man bei entsprechenden Adressen im Netz auch schon mal für 800€ fündig werden, wirklich solide wird es denke ich ab 1200€.

Die Mannlicher-Schönauer Systeme genießen exzellenten Ruf, werden eigentlich immer nur gelobt und „der Schlossgang“ wird gefeiert. Nun, solch eine Waffe muss man wollen! Bei mir war das eine reine Bauchentscheidung, denn technisch gibt es sicher viele, neuere Alternativen und auch ich gehe regelmäßig mit einem modernen "Plastikbomber" auf die Jagd.

Wer bei solch einer Waffe mit einem modernen Glas arbeiten will: Katastrophe! Schon damals wurden die entsprechenden Montagen an das jeweilige Glas angepasst und gelötet. Alles Einzelanfertigungen. Wer da heute ran will muss also in der Regel die alten Montagen entfernen, die passende Neue finden und montieren. Eure Büchsenmacher werden sich darüber in der Regel nicht freuen und sagen aus einem abwehrenden Reflex eigentlich meist „unter 800 geht gar nix“… Sollte man wissen. Ich lass bei solchen „Damen“ einfach alles wie es ist und gut is. Aber es soll ja auch Menschen geben, die einen VW-Käfer tiefer legen, jeder also wie er mag ;-)

Wegen des offenen Systemgehäuses ist der hintere Aufnahmepunkt der Montage nach links versetzt, die vorderen Aufnahmen je nach Glas individuell angepasst. Darunter befindet sich wie beim 98er System der Schlosshalter. Heute langen Büchsenmacher an die ZF-Montage nur noch für sehr viel Geld hin.

Disclaimer:

Ich bin Jäger, habe das Mittelalter erreicht, ich fotografiere selbst und schreibe gern. Teile Gedanken und Erfahrungen. Das mache ich allein, ohne Firmenzugehörigkeit. Ich kaufe und verkaufe nichts.

Find' ich gut!

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