Die Jagd findet zumeist in der Dämmerung statt und wer einmal im letzten Büchsenlicht ein Stück Wild erlegt hat und versucht hat mit einer Handlampe im Dunkeln aufzubrechen, wird mit dem Fluchen nicht mehr aufhören und spätestens beim nächsten Reviergang im Besitz einer luxuriösen Kopflampe sein. Freie Hände und Licht sind schon etwas Feines! Jedoch ist die Wahl der richtigen Lampe auch nicht trivial. Es gibt hunderte Modelle von Kopflampen ab ca. 1,50 EUR, inklusive Versand (sic!) mit Direktversand aus China bis zu über 1.500 EUR (übrigens exklusive Versand...) - auch krank. Die Lampen unterscheiden sich in vielen Details, vom Kopfband angefangen, über die Akkus bis hin zum Leuchtkörper und verschiedenen Leuchtprogrammen zur Gefahrenabwehr, Lichtschwertmodus und und und... Was man davon alles braucht muss jeder selbst für sich entscheiden.


Welche Anforderungen habe ich?

Ich hatte bis dato eine sehr günstige Kopflampe aus dem Discounter, die soweit in Ordnung war, sich kippen und somit ausrichten ließ und normale Batterien schluckte, die ich auch in der Wildnis problemlos auswechseln konnte. Leider ist die Lebenszeit solcher Technik sehr begrenzt und ich habe mich nach dem unvermeidbaren Tod der Lampe auf die Suche nach einer Alternative gemacht.

Im Billigsektor wollte ich in der Hoffnung längerer Haltbarkeit nicht wildern, aber die oberen Preissegmente sind für den jagdlichen Anspruch auch nicht notwendig (dort sind vor allem hohe Leuchtkraft und lange Akkudauern für Bergwanderungen etc. sehr wichtig). Zu helle Leuchtkörper erschweren in der Nacht teilweise das Sehen auf kurze Distanz und blenden - ähnliche Probleme gibt es bei der nachsuche wenn man Schweißtropfen sucht und der Fokus zu stark und zu grell ist. Da wir beim Aufbrechen und Versorgen meistens in Armreichweite hantieren ist eine ultrahelle, weiße LED dann kontraproduktiv. Gleichzeitig ist auf dem Weg zum Auto oder bei der Nachsuche etwas mehr Sicht oft hilfreich. Somit war für mich eine verstellbare Leuchtkraft wichtig. Auch auf die gewohnte Ausrichtung wollte ich nicht verzichten und somit die Lampe vertikal kippen können. Ich mag keine Bänder, die quer über meinen Kopf laufen, was ebenfalls viele Modelle, besonders mit den schweren, lang haltenden Akkus auf der Kopfrückseite ausschließt. Das ist aber natürlich kein Qualitätsmerkmal, sondern meine krude, persönliche Vorliebe.

Da die Kopflampe bei mir nur beim Weg zum Ansitz, beim Aufbrechen oder ganz selten mal bei der Nachsuche zum Einsatz kommt sind ewige Leuchtzeiten nicht der Anspruch. Da sich zudem die Lampen (lieblos in den Rucksack geworfen) gerne mal selbst anschalten, sind leere Batterien mein Alltag und einfache Wechselbarkeit ohne Spezialakkus ist ein echtes Plus.


Erfahrungen mit der Petzl Tactikka +

Es gibt, wie bereits geschrieben, eine wirklich große Zahl an Kopflampen, die sicherlich auch meine Ansprüche erfüllt hätten. Hängen geblieben bin ich jedoch aufgrund einer Empfehlung bei der Petzl Tactikka+ Camo für ca 25 EUR. Die Tactikka+ ist der Nachfolger des gleichnamigen Modells ohne Plus. Verändert hat sich zum Einen das Gehäuse, die höhere Leuchintensität (ca. 50 Lumen in der höchsten Stufe dazu gewonnen) und die kleine Pfeife am Kopfband, die dem Sparzwang zum Opfer gefallen ist (wer sollte es dem Hersteller verübeln, wozu braucht man auch eine winzige Pfeife am Kopfband einer Lampe?).

Fangen wir mit dem aus meiner Sicht größten Manko der Lampe an, nämlich mit dem Lampengehäuse. Ja, das Gehäuse ist klein, leicht zu tragen und auch gegen Regen u.ä. nach IPX4 spritzwassergeschützt, aber es fühlt sich einfach nur billig und zerbrechlich an. Die vertikalen Rasten klingen, als würde die Lampe jeden Moment auseinander brechen. Das hat sich im Vergleich zum auch schon labrigen Vorgängermodell noch einmal signifikant verschlechtert. Für ein Modell eines Profiherstellers wie Petzl eigentlich ein Unding und für Tätigkeiten, bei der die Lampe auch mal irgendwo gegen schlagen könnte o.ä. ein Ausschlußkriterium. Zum Glück ist die Jagd diesbezüglich nicht unbedingt fordernd für die Lampe. Jedoch warte ich jeden Tag darauf, dass die Rasten abbrechen und ich das gute Stück dem Laden wieder in Einzelteilen zurück sende. Das ist wirklich enttäuschend!

Gut hingegen ist an der Petzl Tactikka + das Kopfband. Das wirkt solide ohne heraushängende Fädchen, wo sich das Band schon auflöst. Auch die zwei Verstellklemmen kann man gut bedienen. Sie sind jedoch aus dem gleichen Billigplastik, wie das Gehäuse. Der Langzeittest wird zeigen, ob meine Befürchtungen zutreffen - Sonneneinstrahlung wird sein Übriges dazu tun. Lassen wir uns überraschen (ich werde bei Neuigkeiten hier meinen Beitrag selbstverständlich editieren). Das Band ist, genau wie die Lampe, in Camo Muster gehalten. Wer das mag wird jetzt auch mit Kopflampe total tacticool im Busch verschwinden. Ich nehme es als gegeben hin, fände für mich aber eine Signalfarbe sinnvoller, um bei schlechtem Licht die Lampe in der Pampa wiederzufinden, wenn sie doch einmal vom Kopf rutscht. Da werde ich mir langfristig wahrscheinlich etwas Farbiges an das Band kleben oder nähen, um den Verlust auszuschließen.

Die Drucktaste auf dem Lampenkörper ist gummiert und gibt auch mit Handschuhen eine gute Rückmeldung. Sie ist auch groß genug um die Petzl Tactikka + mit normalen Handschuhen bedient zu werden. Bei Winterhandschuhen hört es allerdings schnell auf und man muss in der Kälte den Schutz des Handschuhs kurz verlassen. Brr...

Die Lampe hat eine weiße LED, die sich durch wiederholten Druck auf den einzigen Knopf durch drei Leuchtstufen schalten lässt. Angefangen bei ca 5 lm über ca. 150 lm bis hin zu 250 lm leuchtet die Lampe nach Herstellerangaben in der höchsten Stufe 70m weit. Das halte ich für reichlich optimistisch und würde sagen, dass man mit 30m guter Sicht auf dem Nachhauseweg gesegnet ist. In 70m sieht man dann noch etwas Glitzerndes aufleuchten, aber das war's dann auch. Im Vergleich zum Vorgängermodell hat die Lampe dafür trotz höherer Leuchtstärke etwas an Leistung gewonnen. Bis zum letzten Versagen der LED vergehen nach Herstellerangaben 260 Stunden. Nach den passenden Batterien, die das leisten suche ich noch und präzise nachgemessen habe ich die Zeit auch nicht, jedoch kann ich mich bisher nicht darüber beklagen, dass das Licht zu schnell versagt und auch die Leuchtstärke hält die Lampe länger als der Vorgänger, der mit abnehmender Spannung deutlich schneller absackte.

Als kleines Plus zu meiner Suche gibt es eine zweite, rote LED dazu, die ebenfalls fest neben der weißen LED verbaut ist. Mit einem langen Druck auf die Bedientaste wechselt die Lampe von der einen LED zur anderen. Statt verschiedener Leuchtintensitäten kann man die rote LED nur anschalten und zum Blinken bringen (was wahrscheinlich besonders für Jogger sehr interessant sein könnte). Die rote LED ist für mich auf dem Weg zum Ansitz sehr hilfreich, um weniger aufzufallen und auch um meine Nachtsicht, je nach Uhrzeit bei der ich anrücke, nicht längerfristig einzuschränken. Rotlicht beeinflusst die Nachtsicht weniger und ist ist für Wild, solange es nicht direkt angestrahlt wird, weitestgehend unsichtbar. Man sollte allerdings nicht dem Trugschluss verfallen, dass Wild den Wechsel beim Ein- und Ausschalten des Lichts nicht wahrnehmen kann. Das Rotlicht frisst trotz naturgemäß geringer Helligkeitszahl dennoch gut Strom und hat nach ca. 60 Stunden die Batterien vollständig leer gesaugt.

Eine gute Nachricht ist da, dass neben den drei AAA Batterien, die die Lampe verträgt, von der Firma Petzl auch ein Akku angeboten wird, der in das Batteriefach passt. Der Akku wird mit Mini-USB aufgeladen und ist somit im Revier nur mithilfe einer Powerbank o.ä. zu laden. Ein paar extra Batterien in der Tasche zu haben kann dann den Abend retten. Preislich ist der Akku bei batterieähnlicher Leistung mit ca. 23 EUR (Listenpreis liegt bei absurden 40 EUR) genauso teuer, wie der Rest der Lampe.


Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Petzl Tactikka + für 25 EUR sicherlich meine Anforderungen abdeckt und besonders bei der Kernfrage, nämlich wie viel Licht mich wie lange begleitet, deutlich punkten kann. Besonders die verschiedenen Leuchtstufen und das zusätzliche Rotlicht machen in der Praxis einen guten Eindruck. Negativ fällt das Gehäuse und der Kippmechanismus ins Gewicht, die aus absolutem Billigmaterial gefertigt sind und jede chinesische Billigfunzel als ernstzunehmende Konkurrenz zulassen. Ob sich diese Einschätzung in der Haltbarkeit niederschlägt, wird der Langzeittest zeigen müssen. Da sollte Petzl als Markenhersteller mittelfristig nachbessern und lieber zwei Euro auf den Preis aufschlagen, um Substanz zu schaffen. Komfort und die Bedienbarkeit der restlichen Kopflampe stimmen jedoch wieder, genauso wie der relativ teure Akku als Zusatzzubehör. Insgesamt würde ich das Produkt daher eingeschränkt empfehlen.