6,5x57 die verstaubte Alleskönnerin

Magconda
9 Min. Lesezeit

Hallo Community,

hier schreibt euer analphabetischer Geartester „hfs_magconda“ – einigen wenigen bekannt von Instagram, anderen vielleicht nur vom Hörensagen.

Ich möchte heute meine Erfahrungen mit der 6,5×57 mit euch teilen.

Dieses unbegründet in Vergessenheit geratene Kaliber bietet Eigenschaften, über die ich gerne mit euch philosophieren möchte. Wenn ich mich täusche oder ihr eure Erfahrungen, Fragen oder Kritik dazu teilen möchtet, ist die Kommentarspalte dafür geöffnet. Ich bitte allerdings darum, kein gefährliches Halbwissen zu verbreiten.

Zuerst sei gesagt: Es gibt hunderte relevante Kaliber, und gefühlt wird jedes Jahr ein neues auf den Markt geworfen. Die Frage ist: Was ist wirklich eine Bereicherung – und was nur Marketing?

Werfen wir also einen Blick auf ein paar Überflieger und ihre Mütter. Zum Beispiel:

  • .300 Win. Mag. (Basis: .375 H&H),
  • 6,5 Creedmoor (Basis: .30 TC – um nicht .308 Win. zu sagen),
  • .270 Win. (Basis: .30-06),
  • 7 mm Rem. Mag. (Basis: .375 H&H),
  • .17 HMR (Basis: .22 WMR) usw.

 

Bei den genannten Kalibern, die es zu großem Ruhm und Erfolg gebracht haben, lässt sich ein roter Faden erkennen: Bei der Entwicklung wurde von einem erprobten Kaliber die Hülse als Basis verwendet und lediglich der Hülsenmund reduziert, um ein dünneres Geschoss darin zu platzieren. So wurde ein schnelleres Kaliber „entwickelt“ – mit bahnbrechender Ballistik. Das ist auch überhaupt nichts Verwerfliches, wenn Ingenieure bereits bestehende Kaliber als Inspiration und Grundlage nutzen.

 

Links 6,5x57 Rechts 7x64

Bei der 6,5×57 lief es ebenso – hier diente die beliebte 8×57 IS als Basis. Die Kaliber ähneln sich so sehr, dass sich 8×57 IS-Hülsen nach dem Glühen und beherztem Fetten theoretisch (ich sage nicht, dass ich das mache) in der 6,5×57-Matrize kalibrieren lassen. Wenn diese dann theoretisch aus einer 6,5×57-Büchse einmal verschossen wurden und sich die Hülse während der Explosion an die Kammer der Waffe angepasst hat, ist kein Unterschied mehr festzustellen.

Aber hier soll es um meine Erfahrungen mit dem Kaliber gehen und darum, warum ich es gerne führe – sowie zu welchem Zweck.

Zuerst lässt sich sagen, dass ich die 6,5er mit dem 127-Grain-LRX-Geschoss von Barnes verwende. Das ist für mich die perfekte Symbiose aus Wirkung, Geschwindigkeit und dadurch gestreckter Flugbahn – wobei meine Schussdistanzen auf Wild nicht unter „Long Range“ fallen. Ich lade Vihtavuori N160 und führe eine Voere Titan II mit ca. 60 cm Lauflänge – was meiner Meinung nach ein Vorteil, kein Nachteil ist.

Die Vorteile dieser Kombination sind die üblicherweise hohe Präzision des Kalibers, geringe Wildbretentwertung, geringer Rückstoß und vor allem die große Einsatzmöglichkeit – da es über 6,5 mm auch für Hochwild tauglich ist. Ich kann nur berichten, dass ich bis jetzt (klopf auf Holz) keine Schwierigkeiten mit Schwarzwild hatte – bei der von mir verwendeten Laborierung und Schüssen hoch aufs Blatt.

Laut mystischen Geschichten von „damals“ wurden damit auch viele Hirsche waidgerecht erlegt. Allerdings soll es hier um meine eigenen Erfahrungen gehen.

Ich lasse mir im Winter gerne mal einen Fuchsbalg gerben – was durch den kleinen Ausschuss auch kein Problem ist. Ebenso verhält es sich bei der Dachsschwarte. Beim Rehwild habe ich keine Hämatome, und da ich mein Wild gerne selbst esse und bei Schüssen hinters Blatt bewusst auf die Note des Panseninhalts verzichte, eignet sich die 6,5×57 hierfür ebenfalls hervorragend.

Wenn du möchtest, kann ich auch eine eleganter formulierte Variante erstellen – etwa für redaktionelle Zwecke.

Ich verwende dieses Kaliber für den Ansitz und die Pirsch mit gezielten Schüssen. Für die Drückjagd greife ich zugegeben lieber zur .308 Win.

Eine kleine Erfahrung noch zum Schluss:
Ich hatte in meinem eigenen Revier ein laufkrankes Stück Rehwild, das ich deshalb spitz von vorn beschoss.

Das Projektil wanderte zwischen den Rippenbögen hindurch, brach sowohl links als auch rechts je sieben Rippen, durchquerte den kompletten Wildkörper, traf anschließend auf den Knochen in der Keule, durchschlug diesen ebenfalls und trat dort aus. Natürlich ist das keine schöne Erfahrung – allerdings veranschaulicht sie sehr eindrucksvoll, welche Energiereserve die 6,5×57 mit einem bleifreien Geschoss besitzt.

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Das Stück wurde natürlich nicht zum Verzehr verwendet. 

Bei manchen Hundeführern gilt sie als Nachsuchepatrone – allerdings resultieren diese Meinungen aus einer Zeit, in der noch mit Bleiteilmantel gejagt wurde. Dafür ist das Kaliber mit Sicherheit zu schnell, und die Jagdwelt war damals wohl noch nicht bereit für diese Leistungswerte.
Mit der richtigen Kombination aus Pulver, Geschoss und Lauflänge können problemlos Geschwindigkeiten von über 900 m/s erreicht werden.

Ich hoffe, ich konnte den einen oder anderen inspirieren, mal Opas alte Büchse auszuleihen. In vielen Waffenschränken steht noch eine in diesem Kaliber – und wer keinen Opa hat, kann sich auf dem Gebrauchtmarkt für einen schmalen Taler auch etwas von einem anderen Opa zulegen.
Mit bleifreier Munition eingeschossen, kann so eine Büchse eine echte Bereicherung sein.

Man kann also sagen, dass das Bleiverbot hier eine längst vergessene Tür zu neuen Möglichkeiten wieder geöffnet hat.

Viel Waidmannsheil und immer eine sichere Kugel wünscht,

hfs_magconda

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Autor

Greenhorn
Veröffentlicht am 10. Juli 2025
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