Hallo an alle GearTester und frohe Weihnachten,

ich habe mich zum Thema Thermaloptik hier lange zurück gehalten, weil ich mit einem möglichst fundierten Langzeitbericht als ersten Bericht auftrumpfen will. Hier kommt er: Zwei Jahre Jagd mit Thermaloptik mit unterschiedlichen Geräten. Das ganze statistisch aufbereitet...

Die zentrale Frage ist doch, was bringt es einem 3.000 Euro für eine solche Optik auszugeben? 

Und ich möchte meine persönliche Antwort, basierend auf 2 Jahren intensiver Nutzung vorweg nehmen: Es revolutioniert dein Jagen. Nicht (nur), daß man mehr Strecke macht, viel entscheidender für mich, man erlebt mehr. Durch Thermaloptik sieht man das Revier mit anderen Augen, man hat viel mehr Anblick und ein viel intensiveres Erleben der Jagd. Was vorher im Verborgenen blieb, wird sichtbar. Langeweile auf dem Ansitz ist Vergangenheit. Und mehr Strecke? Ja, kann man auch machen, aber meine Empfindung dazu ist eine andere: Man jagt BESSER!! Man kann viel besser ansprechen, man kann deutlich selektiver jagen. Das alles, weil man soviel mehr sieht. Ist das 3.000 Euro wert? Ich würde sogar mehr dafür geben...

Nun zur sachlichen Teil, meines Berichtes:

Die folgenden Geräte wurden intensiv genutzt

- FLIR SCOUT: Mein erstes Gerät. Solide aber nicht mehr up to Date.

- PULSAR HELION: Der Platzhirsch aus dem Baltikum. Super starke optische Leistung, die lange Zeit Maßstäbe gesetzt hat.

- LIEMKE KEILER: Mein aktuelles Gerät, bei dem ich bleiben werde. Ausgereift bis ins Detail.

Aber mir geht es hier nicht so sehr um die Geräte. Ich möchte vielmehr auf die Nutzung von Thermaloptik eingehen und die oben gestellte Frage beantworten, was es einem bringt mit einer "Kamera" jagen zu gehen. In einem weiteren Test werde ich nochmal den KEILER von LIEMKE vorstellen, da ich extrem überzeugt bin und hier noch nichts bei GearTester vorgestellt worden ist.

Wie verwende ich Thermaloptik?

Ich jage in einem Revier mit 50% Waldanteil. Die Kamera kommt immer und vielseitig zum Einsatz. Sowohl nachts wie tags ist sie mein Begleiter, beim Ansitz wie auf der Pirsch... Gerade in unwegsamen Gelände ist sie von Vorteil, da man Wild ausmacht, welches man mit konventioneller Optik NIE gesehen hätte. So macht es sogar Sinn, im Wald zu pirschen. Undenkbar ohne Kamera, da man sonst alles nur ver- statt bejagt.

Ein im Wald "erpirschtes" Stück Rehwild. Ohne Thermalkamera undenkbar.

Man sieht Wild auf dem Ansitz früher heranwechseln und nach dem Schuss ist es ein tolles Gefühl, das Stück liegen zu sehen, selbst wenn es größtenteils von Gras bedeckt ist. Daher: Auch super auf der Drückjagd und wer wäre von einer solchen Verwendung ausgegangen!?

Zur Statistik

Ich habe seit ewig die Tradition, über meine Ansitze Buch zu führen. Ich notiere meinen Anblick sehr genau und führe über meine Erlegungen genau Buch. Ich bin sogar so ehrlich zu mir, das ich meinen Erlegungen bewerte, ob passend oder nicht. Hauptkriterium für letzteres ist: Das erlegte Stück muss das sein, was ich angesprochen habe. Ein Kitz ist ein Kitz und keine Geiß usw...

Ich habe für die Auswertung meiner Beobachtung den gleichen Zeitrum von zwei Jahren VOR Thermalkamera als Referenz genommen. Wie viel mehr ich Anblick hatte oder erlegt habe, drücke ich in den kleinen Grafiken in Prozent aus.

Ich habe den Hauptvorteil eingangs schon beschrieben: Man sieht mehr. Ich habe hier Wald und Feld unterschieden, da ich hier Unterschiede vermute.

Im Feld zeigt sich, das Rehwild auch ohne Thermalkamera recht zuverlässig in Anblick kommt. Sauen hingegen viel besser auch auf weite Distanzen ausgemacht werden können. Ich sah im Vergleichszeitraum 36% mehr Sauen mit als ohne Thermaloptik... Oftmals waren es auch Sauen im Waldschatten, die man mit normaler Optik ab 200m nicht mehr sah. Besonders spannend dann die Jagd: Schuhe aus und angehen. Eine Freude ;-)

Im Wald sieht man hier eine klare Verschiebung, hin zu Rehwild. Man wundert sich doch oft, wie ein graues Stück Rehwild im Wald mit der Umgebung verschmelzen kann. So ist es mir auch oft ergangen, daß ich ein Stück mit der Thermalkamera sah, es dann aber trotz größter Mühe nicht ins Zielfernrohr bekam. Grade in dichten Einständen. Aber das tolle: Oft klappt es auch und man kommt an heimliche Stücke erfolgreich ran... So kann man sinnvoll und sauber auf Rehwild im Wald jagen.

Und wenn ich meine Erlegungen vergleiche: Ja, man macht mit der Technik mehr Strecke. Gerade bei Sauen habe ich das ausgenutzt, um Schadensabwehr zu betreiben.

Aber das ist nicht mein Grund für die Lobeshymne auf diese Technologie. Ich habe es nicht genossen MEHR Strecke zu machen, ich habe es genossen, die RICHTIGE Strecke zu machen. Wie sehr die Technik einem dabei hilft, hat die Auswertung meiner "Fehlabschüsse" gezeigt:

Ich habe in den letzten beiden Jahren deutlich besser gejagt und so auch deutlich mehr Freude daran empfunden. Man sieht einfach die Frischlinge und Kitze oder man kann besser die Größen in einer Rotte vergleichen. Ich mag da etwas genau sein aber ich glaube ich bin damit zum Glück nicht allein. Irgendwelche Schießer aus dem Staatsforst haben eh schon bei der Einleitung aufgehört zu lesen und warten auf "die Lösung für die Auslandsjagd", um ihren Wald "rehrein" zu machen.

Mein Fazit

Ich kann keine Technologie ersinnen, welche in den letzten Jahren die Jagd so sehr revolutioniert hat, wie Thermaloptik. Für mich kommt der Erfindung des Zielfernrohrs gleich!

Die enorme Steigerung des Anblicks macht Jagd zum noch intensiveren Genuss. Die Vielzahl an Beobachtungen auch unter schwierigen Bedingungen ermöglichen es einem Beute zu machen, und das auch noch sauber und präzise. Beim Thema Thermal geht es um weit mehr, als nur mehr Beute machen!! Es geht um intensiveres und besseres Jagen.

Und ich bin mir sicher, mit dieser Einschätzung stehe ich nicht allein dar...

WMH, euer Sebas Hofmann