Weid´heil aus Österreich!

Schon länger trage ich mich mit dem Gedanken, mir eine Zieloptik für den gelegentlichen Nacht- Ansitz auf Sauen und zur Bejagung von Raubwild anzuschaffen.

Schwarzwild ist bei uns im (Wald-)Revier durchaus kein zwingend zu bejagender „Schädling“. Es herrscht noch keine ASP Panik. Sauen sind einfach eine willkommene Abwechslung am Abschuss- und Speiseplan. Der Jagddruck auf Schwarzkittel ist daher zumindest in unserem Revierteil relativ gering und der Bestand gut.

Nachdem beim Ansitz auf Rehwild durchaus Schwarzwild bei gutem Licht in Anblick kommen kann, bestand bisher keine Notwendigkeit, mich mit High-End Nachtsicht Technologie einzudecken. Andererseits, bietet sich durch die Verfügbarkeit einer Nachtoptik zusätzlich die eine oder andere Option, gezielt an den vorhandenen Kirrungen auf einen Frischling oder Überläufer zu Waidwerken.


Welches Gerät für den jeweiligen Anwendungsfall?

Je nach Einsatzgebiet und Revierbeschaffenheit, stellt sich mitunter die Frage: welches Gerät/welche Technologie ist für mich das beste bzw. vernünftigste. Die Eier legende Wollmilchsau gibt es nicht. Irgendwo muss man immer Kompromisse eingehen – Kein Vorteil ohne Nachteil… - fixe Optik auf der Waffe montiert oder ein Vorsatzgerät für das Tageslicht ZF; Wärmebild oder Restlicht – hier die Option digital oder Röhre – wenn Röhre, welche… - letztlich alles auch eine Preisfrage;

Faktum ist, man kommt eigentlich für die praktische Anwendung im Jagdeinsatz nicht umhin, zumindest zwei Geräte anzuschaffen: eines zum Beobachten und eines zum Schießen (sofern es das jeweilige Jagdgesetz bzw. die Abschussverordnung zulässt!) Auf die einzelnen Vor- oder Nachteile der jeweiligen Technologien einzugehen, würde den Rahmen sprengen, hierzu gibt es ja ausreichend Erfahrungsberichte in diversen Medien.

In jedem Fall hat sich ein Wärmebild-Beobachtungsgerät zum frühzeitigen Entdecken von heranwechselndem Wild im unwegsamen Gelände, bei dichtem Bewuchs, leichtem Nebel oder in der Dämmerung bewährt. Auch beim Nachsuchen bzw. zum zeitnahen Auffinden des Stücks am Anschuss oder bei kurzen Tot-Fluchten ins Unterholz ist die Thermal Technologie – wenn gerade kein fermer Hund mit dabei ist - ein praktisches Werkzeug zur raschen Auffindung und Versorgung des beschossenen Stücks im Sinne einer weidgerechten Jagd.

Beim Schuss in der Dämmerung stößt man jedoch - selbst mit den lichtstarken Zielfernrohren der Premium Marken mit höchsten Transmissionswerten irgendwann an die Grenzen der Rezeptoren des menschlichen Auges. Die weitläufig geltende Regelung für „Büchsenlicht“ - 1 Stunde vor Sonnenaufgang bzw. 1 Stunde nach Sonnenuntergang ist eher Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Gerade in Waldrevieren – besonders im Herbst bei trübem Wetter ist bereits eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang ein sauberes Ansprechen oder ein gut platzierter Schuss nicht mehr möglich. Die Montage einer entsprechenden Nachtsichtoptik mit Absehen auf einer Waffe ist zumindest in Österreich seit 2014 waffenrechtlich kein Tabu mehr.

Ein Grund mehr für die Anschaffung eines entsprechenden Nachtzielgeräts


Die Ausstattung des Yukon Photon RT 

Ich entschied mich letztlich für ein Nachtzielgerät der Firma YUKON – das Modell Photon RT 4,5x42 ist mit „nur“ 590,- Euro (UVP) wohl das vergleichsweise billigste Gerät am Markt – dafür bietet es aber erstaunlich viel. Es handelt sich um ein digitales Tag- und Nachtzielfernrohr mit 4,5-facher Vergrößerung und einem integrierten IR Aufheller mit einer Wellenlänge von 850nm auf der 3 Uhr Position. Ich habe bewusst die kleinere Vergrößerung (statt 6x) gewählt, um auf die üblichen Kirrungsdistanzen (50-70m) ausreichend Sehfeld zu haben. Den IR Aufheller gäbe es ebenfalls in einer höher-frequenten Version mit 940nm. dieser gilt zwar als „wildsicher“ vor allem bei Rotwild, dafür ist aber der tatsächliche Aufhell-Effekt bzw. die Reichweite geringer. Es besteht zudem die Möglichkeit, einen zusätzlichen Aufheller auf die Weaver-Schiene bei 9 Uhr anzubringen.

Das preiswerteste Nachtzielgerät der Yukon Familie verfügt sogar über eine W-Lan Schnittstelle und bietet die Möglichkeit Fotos und Videoaufnahmen zu speichern bzw. mittels „Stream Vision“ auf die entsprechende Handy -App zu übertragen – wer´s braucht. Die Bildqualität ist aufgrund der geringen Auflösung des CMOS Sensors von 768x576 und des schwarz/weiß - Displays mit 640x480Pixel natürlich im Vergleich zum analogen Bild durch eine Tageslicht-Zielfernrohr oder mit den teuren High Definition Geräten nicht sehr ansprechend. Es reicht aber aus um z.B. Alter und Geschlecht von Schwarzwild an der Kirrung ansprechen zu können. In dieser Preisklasse ist der Einsatz von höherwertigen AMOLED Displays auch (noch) nicht erwartbar.

Die neuesten Yukon Modelle „Sightline“, welche ebenfalls zur Auswahl standen, verfügen beispielsweise neben einem doppelt so großen Kamera Sensor (1280x720) bereits über ein AMOLED Display mit 1024х768 Pixel. Im Lieferumfang des Photons befinden sich 2 Halterungen für je 4 AA Batterien welche das Zielgerät mit ausreichend Strom für mehrere Ansitze (je nach Temperatur) versorgen. Bei regelmäßiger Nutzung empfiehlt es sich, die passenden Akku Packs um 80,- Euro nachträglich zu ordern. Eine weitere Möglichkeit der externen Stromversorgung wäre zudem mittels Power Bank am USB Anschluss.


Montage & Einschießen

Montiert habe ich das Yukon Photon RT auf die Picatinny Schiene meiner Steyr Pro Hunter im Kaliber .30-06 Springfield mittels 30mm Leupold QRW2 Ringen (High) um ggf. einen wiederholgenauen, werkzeuglosen Wechsel zwischen meiner Tageslichtoptik auch im Revier gewährleisten zu können.

Eingeschossen auf 100m Fleck ist auch auf 50m keine Korrektur an der Kirrung erforderlich. Die 5 Schuss Gruppe mit der 180gr SPCE von Sellier&Bellot hält auf 100m die 20 Cent Münze. Ich bin also gut gerüstet für meinen ersten Einsatz auf Schwarzwild und fahre direkt vom Schießstand ins Revier.


Erfahrungen auf der Jagd

Die Sauen sind momentan sehr aktiv und die Kirr-Plätze täglich gut angenommen, der Wind passt bei „Lichtmoos“ – gute Vorzeichen für einen hoffentlich erfolgreichen Ansitz. Es ist bereits kurz vor Sonnenuntergang, ich richte mich in meiner Kanzel ein, alles ist bereit für eine lange Nacht – Sau kann immer kommen, nur wann…?

Zurzeit ist eine Rotte mit 3-4 Bachen und bis zu 20 Frischlingen bestätigt, außerdem ein kleiner Trupp mit vier Überläufern – ich hoffe auf zweiteren. Ich sitze und warte – verhalte mich möglichst ruhig. Im Viertelstundentakt mache ich einen kurzen Blick durch die Wärmebildkamera um zu schauen was sich sonst noch tut. Wenn die Rotte kommt, hört man sie rechtzeitig brechen – aber ein einzelner Keiler kündigt sich nicht lautstark an und schon einmal wurde so ein heimlicher Gast von der Wildkamera erfasst während ich dort saß und ihn nicht wahrgenommen hatte…

Ich habe Glück, früher als erwartet, so gegen 22:30 Uhr, vernehme ich das typische Geräusch – Sauen bewegen die mit Mais gefüllte Trommel! Ich beobachte das Geschehen an der Kirrung durch meine Pulsar Wärmebildkamera „Axion“: es ist die Rotte mit dem „Kindergarten“, vier Bachen und etwa zwanzig Frischlinge unterschiedlicher Größe tummeln sich munter um herausrieselnden Körner. Ich versuche eine Rangordnung anhand des Verhaltens beim Brechen zu erkennen. Zwei der Bachen scheinen der Größe nach noch Überläufer zu sein, aber sobald Frischlinge dabei sind, ist das Risiko zu groß – oft frischen schon „Überläufer-Bachen“ im ersten Jahr.

Ich versuche daher, mich auf den Nachwuchs zu konzentrieren und hoffe, dass sich ein Ferkel von der Rotte absondert – in dem Durcheinander ist kein sicherer Schuss möglich ohne ein zweites Stück durch Geschoß-Splitter zu verletzen oder die gesamte Rotte zu versprengen. Außerdem erscheinen mir die Frischlinge noch zu klein, vielleicht 10 Kilo – ich entscheide mich also gegen einen Abschuss und beschließe, die Rotte weiter durch das neue Yukon Zielfernrohr zu beobachten und auch die Reaktion auf den IR Aufheller zu testen. Ich stelle den Aufheller auf volle Leistung und sehe die Lichter im Widerschein hell leuchten. Erfreuliche Erkenntnis: die Tiere zeigen keine Reaktion auf das infrarote Licht des integrierten Aufhellers. Auch sonst bin ich von der einfachen, intuitiven Bedienbarkeit des Nachtzielgerätes angetan. Nur wenige Knöpfe: einer zum ein-/ausschalten, ein Drehknopf für die simple Menüführung – weniger ist mehr…- der erste Eindruck ist insgesamt durchwegs positiv.

Die Leitbache steht im Hintergrund und wacht über die Rotte. Ab und zu bläst sie kurz und zieht sich ein kleines Stück weiter ins Holz zurück – kommt aber gleich wieder zurück an die Kirrung. Sie reagiert offenbar nicht auf den unsichtbaren Lichtkegel sondern hat irgendeine Bewegung wahrgenommen - oder sie hatte mich im Wind…

Ich kann beobachten, wie die Bache beim Kirrfass einem Frischling, der ihr wohl beim Brechen zu nah kam, einen groben Hieb mit dem Wurf versetzt. So heftig, dass dieser sich in der Luft überschlägt. Ich höre deutlich das Quieken des Geschlagenen. Ständig herrscht Bewegung in der Rotte und immer wieder ziehen einzelne Stücke zurück ins Holz, kommen dann teilweise wieder zum Fass zurück… - langsam löst sich die Rotte an der Kirrung auf und ich kann noch einzelne Lichter im Hintergrund aufleuchten sehen.

Zwei Frischlinge, die offenbar beim ersten Anlauf zu kurz gekommen sind, ziehen einzeln als Nachzügler zur Kirrung. Ich sehe deutlich, wie der letzte der beiden den rechten Vorderhammer schont – er knickt bei jedem Schritt ein. Ohne zu zögern, nehme ich das kranke Stück ins Absehen, entsichere und lasse fliegen! Der kleine Frischlings-Keiler liegt im Knall! Wie sich beim Aufbrechen herausstellt, war ein Knochen gebrochen, eine frische Verletzung, keine Entzündung zu sehen – ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob es das Stück war, welches von der Bache so unsanft vom Brechplatz entfernt wurde – klar war aber, dass es mit dieser Verletzung nicht weit gekommen wäre. Ich freue mich über diesen Hege Abschuss, wenn auch die Ausbeute an Wildbret bei aufgebrochenen 8 Kilo nicht besonders üppig war.

Ich versorge das Stück umgehend, breche auf und schaffe das Wildbret in die Kühlung. Wieder zurück im Wald, verbringe ich die restliche Nacht schlafend in der Kanzel, in der Hoffnung, dass der hier bestätigte und noch freie Rehbock vielleicht in der Früh auch an die Kirrung zieht. Diesen Gefallen tat mir jener nicht, aber in der Nacht darauf, war die Kirrung trotz des kurz zuvor gefallenen Schusses wieder gut angenommen. Die restliche Rotte war offenbar vom nächtlichen Verschwinden des kleinen Artgenossen nicht weiter beunruhigt.


Fazit

Meine Investition in das Yukon Photon RT 4,5x42 hat sich jedenfalls schon beim ersten Test ausgezahlt. Der Einsatz moderner Technologie steht nicht im Widerspruch zu weidgerechter Jagd. Es kommt vielmehr darauf an, wie man die Technik für sich nutzen kann.

Schussbild 5 Schuss 180gr SPCE