Erstmal was allgemeines vorneweg. Es gibt zwei Hauptarten von Verschmutzung bei Jagdbüchsen:
1. Pulverschmauch
Vor allem im Lauf, aber auch vorne an der Mündung und im Patronenlager und Verschluss.
Diese Pulverablagerungen sind besonders gefährlich, weil sie den Stahl angreifen. Das Zeug muss also weg. Die gute Nachricht: lässt sich sehr einfach mit Waffenöl entfernen.
2. Geschossabschmierung im Lauf
Lagert sich an der Laufinnenseite an, wenn das Projektil durch den Lauf saust. Ob und in wieweit das der Präzision der Waffe abträglich ist und daher entfernt werden sollte, darüber scheiden sich die Geister. Die meisten sagen: ein bisschen was davon ist gut. Aber wenn es zu viel wird, dann leidet die Präzision der Waffe. Also: nach ca. 20-30 Schuss muss diese Abschmierung am Lauf durch eine sog. "chemische Reinigung" entfernt werden. Danach kann es sein, dass man ein paar 'Opferschüsse' abgeben muss, damit wieder eine 'gesunde' Abschmierung im Lauf hergestellt wird und die Waffe wieder ganz präzise schiesst.
Aber eins nach dem anderen und nochmal ganz von Vorne:
Der
Büchsenmacher meines Vertrauens hat mir folgende Empfehlungen bzgl. der
richtigen Reinigung meiner Jagdbüchse (in meinem Fall eine Blaser R8 Professional
Success) mit auf den Weg gegeben, die ich hier im ersten Teil dieses Artikels
gerne mit allen Jagdkollegen teilen möchte.
Im zweiten
Teil noch ein paar ergänzende Tipps rund um das Thema Reinigung und
Verbesserung der Treffpunktlage.
Teil 1. Reinigung des Jagdgewehres
(Büchse)
Es geht mir
hier insb. um das Reinigen des Laufes von innen. Dass man seine Büchse nach
jeder Jagd äußerlich ein wenig säubert und die Metallteile mit einem leicht
öligen Lappen etwas abwischt, ist wohl klar und ich nehme an, das macht auch
jeder.
Wann wird der Lauf von innen gründlich chemisch gereinigt?
- Spätestens
nach ca. 20-30 Schuss
- Wenn
die Büchse ca. 4 Wochen lang nicht benutzt wurde
- Immer
dann, wenn eine andere Munition oder Laborierung verwendet wird (also z.B. wenn
von verbleiter auf bleifreie Munition umgestellt wird. Oder wenn man von seiner
teuren Jagdmunition auf die billige Übungsmunition auf dem Schießstand umstellt
und dann wieder zurück etc.)
- Allerspätestens dann, wenn die Waffe
nicht mehr richtig auf den Punkt schießt (ungenau ist).
In
diesem Zusammenhang eine kurze Anekdote: der Waffenhändler meines Vertrauens
hat mir auch folgendes erzählt: immer wenn Kunden zu ihm kommen und ihm sagen,
dass ihre Büchse nicht mehr so richtig auf den Punkt trifft, dann liegt das
nach seiner Erfahrung zu 98% an einem schlecht gereinigtem Lauf. Also den Lauf immer
schön gründlich von innen reinigen. Nach seiner Erfahrung ist das fast immer
die Lösung.
Benötigtes Zubehör (Vgl. Foto 1):
1. Gewehrhalterung
aus Plastik (z.B. von MTMCASE-GARD)
2. Ein
langer kugelgelagerter Putzstock mit Kunststoffummantelung (z.B. von DEWEY)
3. Runde,
flache Baumwollpatches (ebenfalls von DEWEY erhältlich)
4. Verschiedene
Bürstenaufsätze für den Putzstock
5. Ein
„Nadelaufsatz“ für den Putzstock (auf den man die runden, flachen
Baumwollpatches aufspießen kann)
6. Waffenölspray
(z.B. Brunox Waffenpflegespray) und/oder
7. Waffenöl
flüssig (z.B. Ballistol Universalöl)
8. Laufreinigungsmittel
(z.B. Robla Solo MIL)
9. Schmiermittel
aus der Dose (z.B. LIQUIMOLY Guntec Waffenfett) und/oder
10. Schmiermittel aus der Tube (z.B.
TetraGun Grease)
11. Q-Tips
12. Kurzer Putzstock (für Kurzwaffe)
13. Trommelförmige Baumwollpatches für den
kurzen Putzstock
14. Schutzkappe für das Zielfernroh
Foto 1: Überblick
über das gesamte Equipment
Foto 2: Putzstöcke
und Baumwollpatches
Foto 3: Verschiedene
Bürstenaufsätze für den langen Putzstock. Ich verwende v.a. die Plastikbürste ganz rechts und habe davon drei Stück, die Reihum nach der Verwendung im Geschirrspüler landen.
Foto 4: Nadelaufsatz
für den langen Putzstock (mit einem Adapter, damit das Ding auf meinen amerikanischen DEWEY-Putzstock passt)
Foto 5: Aufgespießter
runder, flacher Baumwollpatch auf langem Putzstock
Foto 6: Reinigungsmittel
Foto 7: Laufreinigungsmittel
Robla Solo MIL
Foto 8: Kurze
Putzstange (nimmt man normalerweise für Kurzwaffen) mit trommelförmigem Baumwollpatch
Fotos 9+10: Patronenlager
ölig, Patronenlager gesäubert

Wie führt man die chemische Reinigung des Laufes durch?
Achtung:
Natürlich vor der Reinigung immer erst den Ladezustand der Waffe überprüfen.
Hinweis: die
Bürsten oder Baumwollpatches immer mit dem Putzstock von hinten (vom Patronenlager
her) nach vorne (zur Laufmündung hin) durch den Lauf schieben
Vorsicht:
mit der Nadelspitze kann man sich ganz fürchterlich das Glas vom Zielfernrohr
zerkratzen. Daher vor dem Reinigen immer erst die Schutzkappen auf das
Zielfernrohr machen!
- Waffe in
die Gewehrhalterung legen. Die Laufmündung darf gerne etwas tiefer liegen als
das Patronenlager.
- Den
Verschluss hinten entfernen, damit man freien Zugang zum Lauf bekommt
- Erstmal 4x
feuchte Patches durchschieben (Patch mit ca. 5 Tropfen Robla Solo Laufreiniger
beträufeln), damit der größte Dreck raus ist
- Dann Plastikbürste (langer Putzstock) mit ca. 5 Tropfen Robla Solo MIL beträufeln und 10x vor
und zurück durch den Lauf schieben (Bürste von hinten ganz durch den Lauf
durchschieben, Bürste muss vorne aus dem Lauf herausschauen, dann wieder ganz
zurück und hinten herausziehen. Das Ganze wie gesagt 10x. Eine Metallbürste nur von hinten nach vorne durchschieben und dann abschrauben - aber nicht wieder zurückziehen.)
- mehrere
Minuten einwirken lassen
- 1-2
trockene Baumwollpatches durchschieben (die kommen vorne schwarz-grünlich-bläulich
verfärbt heraus), um den Dreck herauszuwischen
- Nochmal
das Ganze: wieder die Plastikbürste (5 Tropfen Robla Solo MIL) 10x durch, wie oben.
Danach wieder 1-2 trockene Baumwollpatches, wie oben.
- das Ganze
solange wiederholen, bis der trockene Baumwollpatch nicht mehr verfärbt,
sondern schneeweiß vorne wieder herauskommt (das können je nach Verschmutzung
durchaus 10+ Durchgänge sein)
- Wenn der
Lauf innen sauber ist und die Baumwollpatches vorne tatsächlich weiß
herauskommen, muss unbedingt das aggressive Robla Solo MIL komplett aus dem
Lauf entfernt werden. Dazu nochmal 1-2 trockene Baumwollpatches durchschieben
und abschließend 2-3 mit Waffenöl getränkte Pads durchschieben (Ballistol)
- Zum
Schluss noch das Patronenlager vom Öl befreien. Den vorderen, leichter zugänglichen
Teil des Patronenlagers kann man auch mit einem trockenen Baumwolllappen
(zerschnittenes altes T-Shirt) oder mit Q-Tips reinigen.
Für den
hinteren, weiter innen im Lauf gelegenen Teil des Patronenlagers nehme ich den
kurzen Putzstock (für meine Kurzwaffe), auf den ich vorne einen trommelförmigen
Baumwollpatch aufschraube. Damit kommt man auch gut in den Lauf zum hinteren
Teil des Patronenlagers rein (auf den Fotos 9+10 sieht man leider nur den
vorderen/äußeren Teil).
Abschließend
natürlich die Waffe auch mal von außen säubern. Also einen Baumwolllappen mit
etwas Reinigungsöl beträufeln und damit insb. die Metallteile abwischen und anschließend
mit einem sauberen Baumwolllappen alles trockenreiben. Es sollte hinterher kein
Reinigungsmittel auf der Brünierung oder dem Holz zurückbleiben.
Das Ganze funktioniert
natürlich auch mit anderen Büchsen. Wenn man da den Verschluss nicht wie bei
einer Blaser R8 entfernen kann, sondern durch das Patronenauswurffenster
arbeiten muss, dann muss man halt anstelle der Putzstange eine Putzschnur mit
den entsprechenden Bürstenaufsätzen verwenden.
Generell reicht es eigentlich, wenn man - immer schön regelmäßig - mit der Plastikbürste arbeitet. Metallbürsten braucht man nur bei wirklich hartnäckiger Verschmutzung. So weit es sich vermeiden lässt, würde ich also empfehlen nur mit der Plastikbürste zu arbeiten und den Einsatz von Metallbürsten möglichst zu vermeiden.
Achtung: vor
dem nächsten Einsatz der Büchse muss unbedingt das Öl aus dem Lauf raus (sonst
Treffpunktverlagerung). Also vor der Jagd zu Hause noch schnell zwei trockene
Baumwollpatches durchschieben. Und dann im Revier gerne auch nochmal die
Boresnake durch den Lauf ziehen, das schadet nie.
Wichtig ist darauf zu achten, dass keine Rückstände vom Reinigungsöl im Patronenlager sind (sonst Gefahr durch erhöhten Gasdruck im Patronenlager).
Zusammenfassung:1. Normalerweise (also z.B. nach der Jagd, man hat vielleicht 1-2 Schuss abgegeben) genügt es, die Büchse vom Pulverschmauch zu befreien. Also eine Plastikbürste mit Waffenöl mehrfach durch den Lauf, mit ein paar Patches den Schmauch rauswischen. Zum Schluss nochmal den Lauf von innen mit Waffenöl einschmieren. Auch den Pulverschmauch vorne an der Mündung und im Patronenlager und Verschluss mit Waffenöl entfernen. Fertig.
2. Ca. alle 20-30 Schuss den Lauf richtig von Innen chemisch reinigen wie oben beschrieben. Ggf. ein paar Opferschüsse abgeben, damit der Lauf wieder von Innen etwas durch den Abrieb der Geschosse 'geschmiert' wird.
Teil 2. Ein paar Tipps
a) Einschießen einer neuen Büchse (bzw.
eines neuen Laufes)
Auf dem
Schießstand zwei Schuss abgeben, dann den Lauf vor Ort - so gut es eben auf dem
Schießstand geht - von innen reinigen: zwei feuchte Pads mit Robla Solo
MIL durchschieben (Bürste nicht nötig) und dann mit 1-2 trockenen Pads
trocknen. Dann wieder 2 Schuss abgeben, danach wieder mit Robla Solo MIL reinigen,
dann wieder trockene Baumwollpatches durch usw. Das Ganze 10x wiederholen (20
Schuss).
Zu Hause
dann den kompletten Reinigungsvorgang wie oben beschrieben durchführen.
Laut meinem
Waffenhändler wird so die neue Büchse bzw. der neue Lauf optimal eingeschossen
und man sollte langfristig seine Freude damit haben.
b) Der „Papiertest“
Bei jeder
Jagdbüchse sollte man mal den "Papiertest" machen. Dazu eine Seite weißes
Papier zwischen Lauf und Schaft durchziehen. Wenn das nicht 'reibungslos
durchflutscht', sondern leicht scheuert, dann schwingt der Lauf offensichtlich
nicht komplett frei. In so einem Fall den Lauf vom Schaft wegschrauben (das
geht bei den meisten modernen Jagdbüchsen) und dann mit Schleifpapier etwas vom
Schaft wegschleifen. Nur so viel, dass der Lauf komplett berührungsfrei vom
Schaft ist.
c) Auflagefläche des Laufes am Schaft
reinigen
Hier
verweise ich auf den
Artikel von Försti.
Also: Wenn
der Papiertest nicht ‚reibungslos’ verlaufen ist und man eh den Lauf
abschraubt, dann auch gleich von unten die Auflagefläche des Laufs am Schaft
gründlich reinigen. Das ist wohl insb. bei Blaser R8 und Blaser R93 wichtig.
Meines Erachtens dürfte das aber auch für andere Jagdbüchsen zutreffend sein.
d) Den Schuss richtig abfeuern --> bessere Treffpunktlage
Hier verweise ich auf den
Artikel von Huntress, die dort sehr gute Hinweise gibt, worauf man bei der
Schussabgabe achten sollte.
Ergänzend von mir noch
folgender Tipp: bei der Schussabgabe versuchen, der Kugel ‚hinterherzuschauen’.
Weniger, um zu sehen, wie die Kugel fliegt (das wird den wenigsten gelingen –
mir zumindest nicht) als vielmehr darum, weil man dann unbewusst weniger
versucht ist, sofort nach dem Schuss (und eben manchmal schon während der
Schussabgabe) die Waffe herunterzunehmen/den Kopf hochzureißen/die Waffe zu verreissen, sondern die
Waffe weiterhin gerade auf das Ziel gerichtet lässt. Das verbessert bei manchen
Schützen die Treffpunktlage. Einfach mal ausprobieren.
Schlussbemerkung
Ich
übernehme keine Garantie für die Richtigkeit der Angaben in diesem Artikel und
verweise ausdrücklich auf die Gebrauchs-, Sicherheits- und Pflegeanweisungen
des jeweiligen Herstellers.
Kommentare
Ich habe es mal wie hier beschrieben durchgezogen. Zumindest habe ich die meisten Schritte umgesetzt. Wie hier beschrieben habe ich auch die Vorteile gleich erfahren. Die Waffe schoss nicht mehr richtig gut und danach ging es wieder zurück zur alten Präzision. Danke Dir!
PS: Spaß macht es leider immer noch nicht. Ich sollte meinen Forumsnamen in Putzmuffel ändern ;-)
Vielen Dank, das freut mich sehr zu hören! Well done.
Nachtrag/Ergänzung: man muss nicht nach jedem Schuss eine wie im Artikel oben beschriebene chemische Reinigung des Laufes durchführen. Zwischen den chemischen Reinigungen - die in der Regel alle 20-30 Schuss stattfinden sollte - genügt es völlig (bzw. ist sogar besser für die Treffpunktlage), wenn man das Innere des Laufes einfach nur vom Pulverschmauch befreit. Dazu einfach ein paar Patches mit Waffenöl durch den Lauf schieben.