Moin liebe Geartester-Gemeinde!

Nachdem ich sehr viel positives Feedback für meinen kleinen Bericht zur Mauser M18 bekommen habe und dadurch auch spannende Kontakte knüpfen konnte, wollte ich euch in ähnlichem Format jetzt von meiner „Neuen“ berichten. Eine Tikka T3x Lite in .308WIN hat meine M18 nämlich zwischenzeitlich als tägliche Revierbegleitung abgelöst.

Um meine Position beim Thema Jagdwaffen gleich zu Beginn noch einmal offenzulegen, zitiere ich am besten den Einstieg in den M18-Bericht: „Für viele Jäger muss es eben kaukasisches Wurzelholz, fein punziertes Metall und ein Handspanner sein, sonst kann es sich ja gar nicht um eine vollwertige Jagdwaffe handeln... Dank einiger grünbelitzter Dienstjahre bin ich da deutlich emotionsbefreiter und suche in einer Jagdwaffe erstmal eins: Ein verlässliches Werkzeug.“ Damit mich niemand falsch versteht: Möge sich jeder an großer Kunst im Jagdwaffenbau erfreuen, der möchte. Es ist ein faszinierendes Handwerk, nur nichts für meinen persönlichen Geschmack und Revieralltag… Brombeerhecken, Stacheldraht und rostige Nägel lassen grüßen… ;)

Höhe x Breite x Länge und Gewicht kann jeder bei Tikka auf der Homepage googlen, sodass ich euch damit gar nicht langweilen möchte. Nur zum Gewicht noch einen Satz, da die Angaben hier online sehr schwanken. Meine T3x Lite in .308 WIN wog mit Verschluss und leerem 3er Magazin grade so 2700 Gramm. Direkt aus der Packung genommen.

Zunächst schon mal ein erstes Bild vom Corpus Delicti:

Der Tikka-Schaft 

Der Kunststoffschaft ist deutlich mehr als einfache „Plaste“ und gehört bei den Waffen dieser Preisklasse sicher zum Besten, was ich da bisher gesehen habe. Er ist sehr verwindungssteif und auch mit starkem Druck auf das Zweibein bekomme ich den Lauf nicht an den Schaft gedrückt. Der Pistolengriff und der Vorderschaft bieten Dank ihrer Gummierungen sehr guten Halt. Die Schaftgeometrie ist absolut neutral. Perfekt. Der Schaft könnte für mich (1.84m) noch einen Zentimeter länger sein. Die Schaftlänge beträgt nur etwas über 35cm. Optional sind noch ein steilerer Pistolengriff und ein breiteres Vorderschaftelement erhältlich. Da ich persönlich nichts an der Standard-Variante zu meckern habe und bewusst „Lite“ bleiben will, werde ich diese wohl nicht verbauen… Kurz um, der Schaft macht einen soliden Eindruck und tut, was er sollt.

Das System der Tikka T3x Lite

Hoch gelobt wird bei Tikka ja immer der absolut saubere Schlossgang. Das stimmt soweit. Natürlich kein Custom-Sonnenschliff-Feeling, aber absolut in Ordnung. Am Anfang habe ich dann aber etwas gestutzt… Der Kammergriff bedurfte bei abgeschlagenem Schlagbolzen eines enormen Kraftaufwandes beim Spannen. Ich kann aber beruhigen… Für die ersten 100 Repetiervorgänge einfach ein wenig Waffenöl oder –fett auf der Spannkurve unterm Schlösschen deponieren, dann läuft sich das sehr schnell ein und das Repetieren geht zwischenzeitlich wirklich enorm leicht von der Hand. Da schlägt die T3x ihre Konkurrenz von Sauer oder Mauser definitiv. Der Auswerfer arbeitet sehr zuverlässig und gleichmäßig. Mittlerweile kann ich auf dem Stand sogar einfach einen Karton rechts von mir postieren und muss am Ende keine Hülsen mehr sammeln. :) Da ich eine Picatinny-Schiene von Recknagel montiert habe, kann ich zu dem Tikka/Sako-Montagesystem auf der Oberseite des Systems nichts sagen. Meine Schiene passt wie angegossen und fügt sich auch optisch prima ins Gesamtbild ein.

Das Magazin

Hier gefällt mir die Lösung von Sauer 100, 101 & Mauser M12, M18 deutlich besser. Das Tikka-Magazin ist nervig zu laden. Jede Patrone muss man bewusst unter den Magazinlippen einfädeln. Außerdem kann das Magazin nicht von oben nachgeladen werden, wenn es in der Waffe ist… Der „5-Schuss-Tank“ ragt überdies weit aus der Waffe und mit Setztiefen kann man nur sehr limitiert experimentieren, wenn die Patrone dann noch ins Magazin passen soll. Aber das weiß man ja alles vorher. Pro an der Tikka: Ich kann auf dem Stand oder bei verschossenem Magazin eine einzelne Patrone völlig willenlos und unabhängig von der Geschossform in das Auswurffenster fallen lassen und direkt ins Patronenlager repetieren. Sehr angenehm. Das hakt bei M18 & Co. regelmäßig! Ansonsten geht der Magazinwechsel sehr schnell von der Hand und die Magazine scheinen sehr robust zu sein. Ich konnte mich ohne jede Auswirkung auf die Funktion mit ganzem Körpergewicht auf das Magazin stellen… Wie bei allen Magazinen moderner Waffen: Viel zu teuer… Die dürften eigentlich nicht über 30€ kosten…

Der Abzug

Ich habe meinen Abzug gleich bei der ersten Grundreinigung auf das Minimum justiert. Da ich derzeit leider keine Abzugswaage zur Verfügung habe, möchte ich keine schlechte Schätzung abgeben. Die Charakteristik ist aber sehr trocken, quasi kein Kriechen, der Schlagbolzen wird abrupt und schlagartig freigegeben. Die Geometrie gegenüber Pistolengriff und Kammergriff passt perfekt. Einmal mehr, einfach gut gemacht. Zudem kann der Abzug an der Lite auch ohne Ausschäften eingestellt werden. Lediglich einen 2,5mm Innensechskantschlüssel braucht man, dann kann der Abzug durch ein kleines Loch im Magazinschacht eingestellt werden. Die Justierschraube ist dank der Konstruktion auch unverlierbar und hat (durch die Schraube, welche die ganze Abzugseinheit am System hält) einen festen Anschlag für das minimale Abzugsgewicht.

Die Sicherung

Ein klassischer Kritikpunkt… Um Gottes Willen, kein Handspanner… Nicht mal drei Stellungen. Teufelszeug. Ja, auch keine Schlagbolzensicherung. Ich bleibe da bei meiner Meinung. Es ist ein rein akademisches Problem. Als Hundeführer oder auf Pirsch kann ich die Kammer gesichert verriegeln. Die Waffe ist ohnehin maximal unterladen. Perfekt. Versehentlich entsichert hat sich die Waffe bei vielen Pirschgängen im Busch noch nie. Der Schieber kann außerdem (mit etwas Druck von oben) absolut lautlos bedient werden. Mehr brauche ich nicht. Für alle Sicherheitsfanatiker: ASH bietet für wirklich schmales Geld eine Schlagbolzensicherung an…

Die Montage - Picatinny-Schiene

Wie schon angesprochen habe ich die Alu-Picatinny-Schiene von Rechnagel verbaut. Ganz einfach, weil ich schon PSG-Ringe hatte und mit den Montagen dieser Firma bisher noch NIE Probleme hatte. Wer heute auf einen Repetierer noch was anderes als ne gute Picatinny-Schiene baut hat sicher seine Gründe, aber preisgünstiger, vielseitiger und idiotensicherer geht’s einfach nicht. Ich tausche auf dieser Waffe zwei Gläser und ein Rotpunktvisier ohne merkliche Treffpunktverlagerung. Einfach eine saubere Lösung. Pluspunkt: Man kann alle Montagearbeiten auf der heimischen Werkbank selbst durchführen.

Der Lauf

Die Laufkontur entspricht dem Motto der Waffe. Lite. 51cm kurz und direkt hinter dem M14x1 Gewinde misst er 17mm im Durchmesser. Für eine Jagdwaffe nicht zu viel und nicht zu wenig. Die Gewichtsverteilung gefällt mir dadurch auch sehr gut. Qualitativ hat hier – wie beim System – Tikka die Nase übrigens ganz klar vor meiner Mauser M18.

Die Präzision der Tikka

Das Sahnestück… ;) Der erste Schießstandbesuch lief wie folgt ab. Je nach Laborierung 4 oder 5 Schuss. Ein Reinigungsfilz durch. Etwas abkühlen lassen. Nächste Laborierung, wieder 4 oder 5 Schuss. Repeat. Also keine Idealbedingungen und trotzdem hielt die Waffe mit allen sieben getesteten Munitionssorten ein Maximum von 31mm für 5 Schuss. Im Einzelnen hieß das…

Handladung 165grs Sierra Gameking: 17mm (4 Schuss, siehe Abbildung)

Handladung 165grs Accubond: 22mm (5 Schuss)

Handladung 178grs ELD-X: 27mm (5 Schuss, 4 Schuss auf 20mm)

Sellier & Bellot 180grs TM: 31mm (5 Schuss) (Lauf gut warm, Flimmern!)

Hornady 168grs BTHP: 29mm (5 Schuss, 4 Schuss auf 19mm)

Hornady 165grs Interlock: 25mm (5 Schuss)

Sako 123grs Gamehead: 21mm (5 Schuss)

Wie gesagt, es waren keine Idealbedingungen. Da geht je Laborierung sicher noch mehr und es ist nur ein erster Anhalt. Ich bin damit allerdings schon hoch zufrieden. Eine Jagdwaffe im Werkszustand ohne Modifikationen und ohne große Reinigung zwischen den Munitionswechseln… Das kann sich sehen lassen und übertrifft die Garantie für 3 Schuss auf 29mm erheblich. Da gleich mein Hinweis: Legt euch einen 5 Nm Drehmomentschlüssel für die Systemschrauben zu. Das macht einen himmelweiten Unterschied bei diesem Thema. ;)

Mein Fazit zur Tikka T3x Lite

Es ist glaube ich wenig überraschend, wenn ich mich jetzt am Ende sehr zufrieden zur T3x Lite äußere. Ein Punkt bleibt aber: Die Tikka-Waffen sind in Deutschland leider unverschämt überteuert. Meine Lite in 308 bekommt man in Nordamerika regelmäßig unter $600. Da sind die hier im Durchschnitt aufgerufenen 1400€ eine echte Hausnummer… Ich habe auf ein gutes Angebot gewartet, einmal auf die Zähne gebissen und bin auf den Tikka-Zug aufgesprungen. Ich habe es nicht bereut. Die T3x Lite ist ein echtes Arbeitstier, sehr gut verarbeitet und eine vergleichbare Munitionsverträglichkeit ist mir bei noch keiner Waffe unterkommen. Da macht die Tikka bei mir extrem Punkte. Es gibt nicht Ätzenderes, als eine munitionsfühlige und zickige Waffe, die einem gewünschte Laborierungen einfach verbietet. Insgesamt also (und trotz des überzogenen Preises) eine absolute Kaufempfehlung. Es ist definitiv eine Waffe, die einem bleibt.

Ach ja, noch ein riesen Vorteil von Tikka: Der unfassbare Zubehörmarkt. Sollte einem an der Waffe irgendwas einmal nicht mehr gefallen. JEDES Teil ist im Aftermarket-Bereich in zig Ausführungen zu haben. Ebenfalls ein riesen Pluspunkt gegenüber anderen Baureihen, die Reminton 700 oder Howa 1500 mal außen vor gelassen…

PS: Die Präzisionstests wurden mit einem Steiner Ranger 2.5-10x50 durchgeführt. Ein Teil, mit dem ich ebenfalls sehr zufrieden bin. Gerade auch, was die Absehenverstellung angeht. Eventuell muss ich da ebenfalls mal ein paar Zeilen zu schreiben.

PPS: Das letzte Foto zeigt die Waffe noch in der Hundeführer-bzw. Nachsuchen-Konfiguration… Wie abgebildet und inklusive 5 Patronen wiegt dieses Gesamtpaket gerade mal 3050 Gramm. Ein Träumchen, wenn man das Teil tagelang durch Schilfgürtel schleppen darf.