Hey GearTester,

wir, der Deutsch Bogenjagd Verband e.V. freuen uns, nun auch bei GearTester aktiv zu sein, und euch in Zukunft interessante Themen, Tipps & Tricks und Ausrüstung rund um das Thema Bogenjagd hier auf GearTester zu präsentieren. 


Vorwort

Zunächst möchten wir euch das Thema Bogenjagd einmal generell vorstellen und einige oft gestellte Fragen zu diesem Thema beantworten. 

Das folgende Interview, welches wir unter anderem auch bei Outfox World veröffentlicht haben eignet sich hierfür perfekt als Einstieg in die Faszination Bogenjagd.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen unserer zukünftigen GearTester-Beiträge:

In vielen europäischen Ländern gehört die Bogenjagd zum Alltag vieler Jäger. 

Über vier Millionen Menschen gehen weltweit regelmäßig mit dem Bogen zur Jagd. Dabei stellt die Bogenjagd für die meisten der Jäger lediglich eine Ergänzung zur traditionellen Jagd dar. In Deutschland, wie auch in der Schweiz, Österreich, England, Irland, Island, Griechenland und Rumänien, ist die Bogenjagd generell verboten. Doch was ist der Nachteil der Jagd mit dem Bogen gegenüber der traditionellen Variante? Hat die Bogenjagd auch Vorteile? Und vor allem: Was macht die Faszination aus? 


Warum Bogenjagd?

"Der Bogen im Anschlag, das Wildschwein im Visier"

Herr Hant, was macht für Sie den Reiz an der Bogenjagd aus?

Luis Hant: Für mich ist es ein sehr intensives Naturerlebnis, mich mitten im „Wohnzimmer“ der wilden Tiere zu befinden. Jedes Mal, wenn ich auf dem Treestand hoch oben in einem Baum sitze, versinke ich in den Gerüchen und Geräuschen der Natur. Bei der Jagd mit meinem hochmodernen Compoundbogen beschränke ich mich auf eine maximale Jagddistanz von 25 Metern. Schon allein an Wild so nah heranzukommen oder mich so zu platzieren, dass Wild so nah an mir vorbei wechselt, ist enorm erfahrungsintensiv.

Meine Ausrüstung muss perfekt vorbereitet sein. Meine Tarn-Bekleidung hilft mir, mit dem Hintergrund zu verschwimmen und so fast nicht vom Wild wahrgenommen werden zu können.

Mit dem Hintergrund zu verschmolzen



Die Herausforderungen 

Was ist die besondere Herausforderung bei der Jagd mit dem Bogen?

Luis Hant: Die schon angesprochene notwendige kurze Schussdistanz macht diese Jagdart herausfordernd. Zudem muss ich dann, wenn das Wild breit auf kurze Distanz steht, den Bogen auch noch geräuschlos und so langsam wie möglich ausziehen. Dies alles erfordert enorme Selbstdisziplin und Erfahrung.

Hoch im Baum perfekt getarnt


Die Jagdarten mit dem Bogen

Welche Jagdarten kann man mit dem Bogen ausüben?

Luis Hant: Viele Jäger sitzen mit dem Bogen vom Treestand aus an, einem kleinen offenen Baumstand, der oben im Baum montiert wird. Gesichert ist er dabei mit einem Sicherungsgurt und einem Seil am Baum.

Auch vom Bodenansitz ist es gut möglich, dass Wild in Schussdistanz kommt. Besonders dabei muss ich komplett regungslos bleiben und mir meinen Platz sehr gut für die letzten langsamen Bewegungen vorbereiten.

Aus einem Blind (Jagdzelt) kann auch gut mit dem Bogen gejagt werden. Allerdings sollte das Jagdzelt bereits einige Zeit zuvor am Platz sein, damit es dem Wild schon vertraut wird.

Manchmal bietet sich auch die Pirsch an. Das ist allerdings nur sinnvoll, wenn ich beim Gehen keine Geräusche mache und der Untergrund feucht ist. Man muss sich enorm langsam und behutsam fortbewegen und nach 2-3 Schritt verharren und die Umgebung absuchen. Wegen der kurzen Schussdistanz ist ein Pirschen z.B. im lichten Hochwald fast nicht machbar.

Zum Beispiel in Frankreich wird auch bei Drückjagden mit dem Bogen gejagt. Teilweise sind hierbei Büchsen- und Bogenjäger dabei und manchmal werden auch Drückjagden nur mit Bogenjägern veranstaltet. Hierbei wird mit dem Bogen nur auf stehendes/verharrendes oder langsam ziehendes Wild (im Trott) geschossen.

Bogenjäger auf dem Weg ins Revier


Die Unterschiede zur Jagd mit der Büchse

Wo liegen Unterschiede zwischen der Büchsen- und der Bogenjagd?

Luis Hant: Ein wesentlicher Unterschied ist die Schussdistanz. Mit dem Bogen sollte man sich auf maximal 25 Meter Schussdistanz beschränken. Mit der Büchse hat man natürlich ganz andere jagdliche Möglichkeiten.

Der Bogen muss vor dem Schießen erst mal gespannt werden. Das macht es den meisten Ungeübten sehr schwierig, mit einem geeigneten Jagdbogen zu schießen. Zudem muss das äußerst langsam und geräuschlos stattfinden, wenn das Tier auf maximal 25 Meter breit steht. Die Büchse hingegen kann mit etwas Know-how per Fingerdruck abgefeuert werden.

Der Bogen erzeugt beim Pfeilabschuss keinen Knall. Es entsteht ein leises „Plopp“, was dennoch für das Wild auf diese kurze Distanz fremd ist und es teilweise zum Abspringen veranlasst. Sind Sauen am Fressen und dabei nicht leise, kann es gut sein, dass sie den Pfeilschuss gar nicht hören.


Die Vorteile der Jagd mit dem Bogen

Worin bestehen Vorteile eines Bogens gegenüber der Büchsenjagd?

Luis Hant: Die Jagd mit Pfeil und Bogen ist in den Ländern, wo sie erlaubt ist, eine zusätzliche Jagdart. Die Meisten jagen sowohl mit der Büchse als auch mit dem Bogen.

Man könnte anbringen, dass das leise Töten anderes Wild im Revier weniger beunruhigt. Einige Male ist mir annäherndes Wild abgesprungen, weil irgendwo im Nachbarrevier ein Büchsenschuss fiel.

Durch das Verwenden von mehrschneidigen rasiermesserscharfen Jagdspitzen, welche sehr fein schneiden und nicht reißen, werden nur wenige Schmerzrezeptoren verletzt. Das beschossene Stück Wild springt teilweise kurz ab, verharrt und äugt zum Anschuss zurück. Dann merkt es, dass ihm die Luft ausbleibt und es fängt an zu taumeln. Mal bricht es dort an Ort und Stelle zusammen oder setzt nochmal zu einer letzten kurzen Flucht an, bevor es zusammenbricht und schnell stirbt. Das alles geschieht innerhalb von ca. 10 Sekunden.

Ein befreundeter französischer Bogenjäger führt ein Restaurant in Niederbronn (Elsass) und bietet dort auch Wild-Küche an. Laut seinen Erfahrungen gibt es einen deutlichen Qualitätsunterschied zwischen Tieren, die mit der Kugel oder mit dem Pfeil erlegt wurden.

Auch ist der Gefahrenbereich bei der Bogenjagd erheblich geringer. Das macht die Jagd mit Pfeil und Bogen so attraktiv für urbane Bereiche. In Madrid wurde sogar eine Gruppe von Jägern, welche auch mit Pfeil und Bogen jagt, extra angefordert, um Stadt-Sauen zu bejagen. Das konnten sie erwiesenermaßen auch erfolgreich machen. Auch mein französischer Freund in Niederbronn jagt in seinem an die Stadt grenzenden Revier nur mit dem Bogen.

Zu den tierschutzrechtlichen Aspekten, die Akzeptanz der Bogenjagd und um die Ausbildung:

Gegner der Bogenjagd monieren, dass sie unter Tierschutzaspekten sehr kritisch zu sehen ist. Wie stehen Sie dazu?

Luis Hant: Gemäß § 4 Tierschutzgesetz „darf die Tötung nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen“ und der Jäger „die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat“.

Die Jagd mit Pfeil und Bogen ist in 17 europäischen Ländern als tierschutz- und waidgerechte Jagdart anerkannt. Es wurden schon mehrfach Projekte in den verschiedenen Ländern durchgeführt, bei denen alle Abschüsse protokolliert wurden.

Wie zuvor schon beschrieben, werden bei der Bogenjagd nur wenige Schmerzrezeptoren verletzt und das Wild stirbt erfahrungsgemäß innerhalb von ca. 10 Sekunden. Grundvoraussetzung ist natürlich immer ein sauber angebrachter Schuss – egal ob mit dem Pfeil oder mit der Kugel. Die mir bekannten Jäger, welche auch mit dem Bogen im Ausland jagen, haben einen zusätzlichen Bogenjagdschein gemacht.

Meiner Erfahrung nach ist das Töten mit Pfeilen (mit Jagdspitzen) tierschutz- und waidgerecht.


Die Effektivität der Bogenjagd

Wie effektiv ist die Bogenjagd im Vergleich zu anderen Methoden?

Luis Hant: Wenn man „effektiv“ im Hinblick auf Wildtiermanagement betrachtet, ist die Büchsenjagd vorrangig. Müssen Abschüsse aufgrund von Verbissschäden oder Ähnlichem getätigt werden, kann das in den meisten Revieren sehr wahrscheinlich mit der Kugel effektiver geleistet werden. Die Reichweite und das Einsatzfeld der Büchse ist größer.

Betrachtet man „effektiv“ im Hinblick auf die Tötungswirkung, ist die Jagd mit Pfeil und Bogen (letztendlich der Jagdspitze) ähnlich der vieler Kugelgeschosse. Die Fluchtstrecken sind erfahrungsgemäß deutlich unter 60 Meter.


Die Akzeptanz

Wie hoch ist die Akzeptanz der Bogenjagd unter den Jägern?

Luis Hant: Ich jage sehr viel in Frankreich mit dem Bogen. Hier ist diese Jagdart schon wieder seit 20 Jahren integriert. Mittlerweile sind es viele tausende Jäger, die auch den französischen Bogenjagdschein haben.

In Baden-Württemberg halte ich regelmäßig u.a. bei Hegeringen Vorträge zu dieser Jagdart. Zu Anfang des Vortrages haben die meisten noch ein Schmunzeln im Gesicht. Nach dem Vortrag sind 99 Prozent der Zuhörer begeistert. Einige der Anwesenden hätten sehr gerne die Möglichkeit, diese Jagdart zusätzlich auszuführen.

Auch Hegeringsleiter, Kreisjägermeister und Bezirksjägermeister sind begeistert von dieser zusätzlichen Jagdart.


Wie wird man Bogenjäger (Ausbildung etc.)?

Luis Hant: In vielen Ländern der Erde wird der Jagdschein des Herkunftslandes vorausgesetzt.

Liegt dieser vor, ist der erste Schritt das Erlernen des Bogenschießens. Ich rate einem Anfänger eher zu einem Compoundbogen mit Visier und Release (Auslösehilfe), da er das perfekte Schießen und Treffen in wenigen Wochen erlernen kann. Hingegen mit einem traditionellen Holzbogen ohne Visier, welcher instinktiv geschossen wird, muss man wesentlich länger trainieren, bis man so treffsicher ist.

Meiner Erfahrung nach können Jäger, die regelmäßig mit der Büchse schießen, auch sofort sehr gut mit dem Compoundbogen umgehen. Sie haben schon die Grundkenntnisse des Schießens. Auch ist das Visieren über Peep (Lochscheibe in der Sehne, die im ausgezogenen Zustand vor dem Auge ist) und Visier sehr ähnlich dem Visieren über das Zielfernrohr – nur ohne Vergrößerung. Wird ein Release verwendet, reicht ein leichter Zeigefingerdruck, um die Sehne freizugeben und so den Pfeil auf den Weg zu bringen.

Also erst mal bei einem Bogenhändler vorbeischauen oder anrufen, der auch Compoundbögen und Zubehör für die Bogenjagd hat. Dort wird man sicherlich perfekt beraten. Für den Anfang ist es ratsam, ein Einsteigermodell zu nehmen, welches in der Auszugslänge und im Auszugsgewicht deutlich und einfach verstellbar ist. Die Grundeinstellungen für die ersten Erfahrungen sollte der Bogenhändler einstellen können.


Bogenjagd in Deutschland

Warum die Bogenjagd in Deutschland erlauben?

In einem Satz: Warum sollte Ihrer Meinung nach die Bogenjagd in Deutschland wieder erlaubt werden?

Luis Hant: Weil sie eine traditionelle tierschutz- und waidgerechte Jagdart ist und ich als deutscher Jagdscheininhaber genauso wie in den meisten anderen europäischen Ländern die Wahl hierzu hätte.