Moin GearTester,

auf der IWA vorgestellt und jetzt nach langem Warten endlich bei meinem BüMa verfügbar! Die neue Short Rifle Munition von RWS im großen Geschwindigkeitstest um die Frage zu klären:

Alles nur ein Werbeversprechen oder tatsächlich mehr Leistung aus kurzen Läufen?!

Ich hab‘s am Wochenende direkt probiert und mich ans „Messen“ gemacht! Dazu mehr in den nächsten Zeilen.


Hintergrund

Verfolgt man Fachpresse und andere Media-Kanäle rund um Ausrüstung und Jagd, lassen sich beim genaueren hinschauen folgende zwei Trends immer wieder erkennen:

1. Kurze Läufe scheinen immer beliebter zu werden, denn in der Kürze liegt bekanntlich die Würze! Von 550mm bis zu 400mm ist mittlerweile alles zu haben. Die Vorteile sind zumindest im Handling recht einleuchtend. Die Waffen ist mit einem kurzen Lauf im Gesamten deutlich führiger, leichter und bietet besonders bei Nutzung eines Schalldämpfers eine überschaubare Gesamtlänge in der Jagdpraxis.

2. Die Jagd auf größere Distanzen. Sowohl Waffe, Optik als auch Munition machen es immer einfacher (bei regelmäßigem Training und genauer Abstimmung der Ausrüstung) auf weitere Entfernungen (+ 200m) sauber und waidgerecht zu jagen!

Diese beiden Trends sind allerdings so Gegensätzlich wie Push & Pull. Denn, die Funktionalität mancher Geschosse ist bei kurze Läufen, bezogen auf die Schussentfernungen, stark reduziert! Warum ist das so?


Das Problem

… lässt sich relativ einfach aufzuzeigen:

Kurze Läufe = Weniger Geschwindigkeit = Geringere Funktions-Einsatzreichweite des Geschosses

Soll heißen, jedes Geschoss hat eine Fenster an Geschwindigkeiten, in welchem es funktioniert. Die Funktion zeigt sich darin, dass es sich beispielsweise zerlegt (Teilzerleger) oder es deformiert (Deformator), um die eigentlich Aufgabe zu erfüllen:

Möglichst viel Gewebe zerstören und das Wild schnell töten.

Wird eine gewisse Grenzgeschwindigkeiten, die von Geschoss zu Geschoss variieren kann, nicht mehr erreicht, ist diese Funktion möglicherweise nicht mehr gewährleistet. Im allgemeinen Jägersmund spricht man hier gerne vom sogenannten „Vollmanteleffekt“. Soll heißen, es findet keine Verformung oder Zerlegung des Geschosses mehr statt und wir haben keine ausreichende Tötungswirkung. Erschwerte Nachsuchen sind garantiert.


Die Lösung

...liegt auf der Hand: Es braucht eine höhere Geschwindigkeit. Dies erreicht man auf vielerlei Wegen: Neben der Verwendung eines anderen Kalibers, spielt das verwendete Pulver sowie das Geschossgewicht eine maßgebende Rolle. Erhöhen wir die Geschwindigkeit, erhöhen wir auch die Einsatzreichweite. Logisch oder? Jedoch ist dieses in der Theorie meist einfacher gesagt, als letztendlich in die Praxis umgesetzt. Dennoch soll die Short Rifle genau dieses „Geschwindigkeitsplus“ liefern.


Im Test RWS HIT Short Rifle

… habe ich im Kaliber .308 Win die normal

RWS HIT

und die

RWS HIT SHORT RIFEL

verglichen.

Herhalten musste eine Blaser R8 mit einer Lauflänge von 520mm. Dazu muss man wissen, dass man bei Blaserläufen weitere 25mm abziehen muss, da die Lauflänge bei Blaser vom Beginn des Patronenlagers gemessen wird, der Verschlusskopf aber noch ins Patronenlager hineinragt. Es bleiben also reelle 495mm Lauflänge über. Die Geschwindigkeiten wurde mit dem Magneto Speed gemessen. Im Übrigen eine tolles, genaues und simples Geschwindigkeitsmesssystem für Jedermann. Bericht dazu folgt!

In der nachstehenden Tabelle sind die Messergebnisse der beiden Patronen zu sehen. Dabei wurden jeweils die Packungsangaben sowie die reell gemessenen Geschwindigkeiten verglichen. Grundlage waren jeweils 3 Schuss.

Unterscheid RWS HIT und RWS HIT SHORT RIFLE


Erkenntnisse zur RWS HIT Short Rifle

1.

Besonders bei der normalen RWS HIT fällt die hohe Abweichung zu den Packungsangaben auf. Der Grund dafür ist klar. Die Geschwindigkeiten der normalen RWS HIT wird mit einem 600mm langen Lauf ermittelt. Dies schreibt die CIP so vor. Da der Versuch aber mit einem 520mm (495mm) langen Lauf stattgefunden hat, weichen die Daten selbstverständlich ab. Diese Erkenntnis stütz allerdings die Faustregel, welche besagt, dass mit etwa 2-4 (m/s) verlorener Geschwindigkeit pro gekürztem Zentimeter Lauflänge zu rechnen ist. Diese kann von Kaliber zu Kaliber unterschiedlich sein.

Kurze Läufe als Grund für die Abweichungen zu den Packungsangaben.  

2. Allein durch einen kurzen Lauf habe ich bei der normal RWS HIT eine Leistungsverlust von 31 (m/s).

3. Mit der RWS HIT Short Rifle haben ich eine Leistungsplus von 74 (m/s) im direkten Vergleich.

Glatte 74 m/s mehr. Das kann sich sehen lassen. 


Die RWS HIT Short Riflen der Praxis

… bedeutete dies nun genau was für mich? Um dieses einfach zu verdeutlichen, habe ich die Geschwindigkeit in die maximale Einsatzentfernung überführt.

Dazu muss man wissen, dass Kupferdefomatoren bis zu einer Geschwindigkeit bis etwa 700 (m/s) im Kaliber .30 zuverlässig wirken. Diese Aussage stütze ich auf ein Gespräch mit einem Ballistiker von Barnes auf der letzten IWA und decken sich mit meinen Erfahrungen. Blickt man nun auf die Geschwindigkeiten der zwei Patronen, ergeben sich speziell für meinen Versuchsaufbau (Blaser R8 / .308 Win, 520mm (495mm)) folgende maximale Einsatzreichweiten, in denen mir garantiert wird, dass das Geschoss noch zuverlässig anspricht und sauber deformiert.


Fazit

Das

A

und

O

ist und bleibt es, das Stück an der richtigen Stelle zu treffen. Und dieses setzt, besonders bei Schüssen über 150m, regelmäßiges Training voraus! Ist dieses Kriterium erfüllt, ist die Short Rifle für alle die, die kurze Läufe nutzen und mal etwas weiter hinaus müssen, eine sinnvolle

Leistungssteigerung

zur Standartmunition.

Für mich und meine Waffe bedeutet dies im konkreten Fall, dass die RWS HIT SHORT RIFLE mir ein Leistungsplus von etwa 80m liefert, welches mich wirklich überrascht hat! 

Ein Blick in mein Schussbuch verrät mir allerdings auch, dass ich im letzten Jahr nur 5 Stücke mit der HIT jenseits der 140m Marke erlegt habe. Außer bei einem Schmalspießer auf 190m, wo ich diesen „Vollmanteleffekt“ erlebte und ein Fangschuss nötig war, lagen die anderen Stücke (Rehwild) im Knall oder nach kurzen Fluchten.

Für mich eine gelungene Produkterweiterung die sicher für den ein oder anderen Jäger von Interesse sein könnte!  


Anmerkung an RWS

Gerne würde ich noch eine Kalibererweiterung sehen. Speziell für die 8x57 wäre das eine runde Sache.

Bis dahin!

Euer Finn

Ps: Natürlich stellte ich mir auch die Frage: Was kann die Short Rifle denn dann erst aus „langen“ Läufen? Leider hatte ich keine passende Waffe mit einem 600mm Lauf oder länger zum Test Vorort. Ich bin aber dran und Teile auch diese Erkenntnisse gerne mit euch!