Glock 19

Seit nunmehr 12 Jahren darf ich jagen, auf Alles was die Karte her gibt: Schwarzwild, Damwild, Rehwild und Kleinwild wie Hase und Kanin. Raubzeug aller Art und Neozoen natürlich auch, soweit erlaubt.

Aus einem reinen „Habenwollen“ heraus kaufte ich mir direkt nach der Jägerprüfung meine erste und für 10 Jahre einzige Kurzwaffe, eine Glock 21 Gen4.


Hintergrund

Ich habe immer mal wieder eigenständig mit der Waffe geübt, auf Fallscheiben und auf die Präzisionsscheiben sowie die Duellscheiben des BDS. Im Jahr habe ich zwischen 500 und 1000 Schuss verfeuert und war vielleicht 10-mal pro Jahr auf dem Schießstand, allerdings nicht auf jagdlich relevante Distanzen sondern innerhalb der sportlichen Künstlichkeiten von 25m. Dass dies keine Einsatzdistanz für eine Gebrauchswaffe ist, war mir schnell klar – wurde jedoch nie so vermittelt.

Als zusätzliche Sicherheit (Back-Up) habe ich die Waffe selten geführt, riefen allerdings Polizei oder Bürger wegen Wildunfällen an so ging immer die „45er“ mit.

Natürlich kam die Waffe auch bei den eher seltenen Nachsuchen zu Ehren und zwar immer dann, wenn das Gelände oder die Umstände das führen einer Langwaffe erschwerten oder gar unmöglich machten.

Bei schwerem Schwarzwild kam die Waffe sehr schnell an Grenzen und es waren immer mehrere gute Treffer nötig, um Wirkung zu erzielen – bei Schüssen auf die Kammer, wohl gemerkt. Das ist trotz Hundearbeit und vieler Drückjagden nicht oft vorgekommen, aber die Situationen gab es.

Insbesondere wenn ich mit der kleinkalibrigen Büchse im Revier war, fehlte mir die Feuerkraft der normalen Jagdwaffe. Die Glock 21 war mir jedoch von Ihrer Bauart immer zu schwer und ist definitiv nicht zum halbwegs unauffälligen Tragen geeignet. Also musste eine Alternative her, denn Sinn der Sache war das alles so nicht.

Nach längerem Überlegen und viel Probieren kam dann eine Glock 19 Gen5 ins Haus, im Kaliber 9x19 oder auch 9mm Luger genannt.

Kompakt und trotzdem auch für meine sehr großen Hände sicher zu handhaben, ausreichend präzise zu schießen und sehr gut und vor allem bequem zu tragen – so wurde sie schnell zu meiner dauerhaften Begleiterin im Revier. Im Folgenden möchte ich Euch von meinen Erfahrungen im führen dieses Werkzeugs berichten.

Glock 19 im Vergleich zu einer großen Männerhand

Über Glock generell wurde schon viel geschrieben, selten jedoch von Jägern. Andere Gebrauchswaffenträger gibt es in Deutschland kaum und so fehlen – zumindest mir – die relevanten Praxisberichte.



Zur Glock 19 an sich

Die Glock 19 ist eine Pistole der sogenannten „Kompaktklasse“. Das heißt, sie lässt sich unter normaler Kleidung und bei durchschnittlicher Körpergröße recht unauffällig tragen. Egal also wie Ihr sie tragt, die Glock 19 lässt sich sowohl außen als auch innen am Gürtel angemessen unter eurem Shirt oder der Jacke verstecken, sodass der normale, Beobachter sie erstmal nicht bemerkt. Das ist mir relativ wichtig.


Zuverlässigkeit

Ich will es mal so sagen: sie funktioniert einfach immer und die Beschichtung ist eine Klasse für sich im Waffenbau. Auch die Verkaufszahlen sprechen für sich. Wenn die US-Coastguard oder die Navy das Teil benutzt, könnt Ihr euch sicher sein, dass da in der Regel so schnell nix abbricht oder zu Störungen führt.

Da ich ein Putzmuffel bin, muss ich ihr auch attestieren dass sie bisher weder Präzisionseinbußen, noch Funktionseinbußen aufweist nach mehreren tausend Schuss und ohne Reinigung die über trockenes Abbürsten hinausgeht.


Weitere Vorteile

Es gibt auf dem Markt ähnlich viel Zubehör und Tuningteile zu kaufen wie für den VW Golf. Dies braucht auf der Jagd zwar kein Mensch und ich denke, wenn der gute Herr Glock das nicht selbst angebaut hat, dann braucht man es auch nicht. Jeder kann sich aber dadurch „seine“ Glock so hinbasteln, wie er es möchte. Allerdings hört man immer wieder von „verbastelten“ Glocks, die „vorher“ besser funktioniert haben.

Die einzige Ausnahme ist jedoch meiner Ansicht nach die Visierung: es gibt die Glock-Visierung ab Werk meines Wissens nur ohne nachleuchtende Kimme und Korn, man kann sich aber eine nachleuchtende Visierung nachträglich leicht einbauen. Dies ist meiner Erfahrung nach definitiv eine Änderung und die kleine Investition wert. Von Allem anderen kann ich nur abraten, zumindest wenn es um jagdliche Belange geht.


Einfaches System – Stressresistenz ist eingebaut

Die Glock wird geladen geführt und hat keine aktiv zu bedienende Sicherung. Dies bedeutet, dass ich im Notfall nichts entsichern muss und auch nach einer Schussabgabe nichts mehr sichern muss. Ich kann also einen solchen Bedienschritt nicht vergessen und das ist gerade im Stress – wo die Kurzwaffe ja nun mal zum Einsatz kommt – wirklich ein hohes Sicherheitsmerkmal.

Ihr benötigt natürlich unbedingt ein passender Holster, welches den Abzug der Waffe verdeckt – egal was es für eine Kurzwaffe ist, denn Kurzwaffe und Holster bilden eine Einheit und es ist die einzig sinnvolle Art und Weise eine Kurzwaffe zu führen. Sicher möchte auch niemand beim Sachbearbeiter der Waffenbehörde vorstellig werden weil die Manteltasche irgendwie doch nicht richtig zu war und die Waffe jetzt sonst wo liegt.

Glock 19 im Holster, der Abzug ist verdeckt, die Waffe kann geladen geführt werden


Zerlegen und reinigen

Zum Zerlegen der Glock 19 muss sie abgeschlagen werden – das heißt, ich muss eine Sicherheitsüberprüfung durchführen und dann den Abzug betätigen. Dies ist der Grund, warum die Waffe nicht bei der deutschen Polizei (außerhalb der Spezialeinheiten) eingeführt wurde. Mir ist zwar schleierhaft, wieso das ein Problem darstellen soll, denn nach einer korrekten Sicherheitsüberprüfung (Entfernung der Munitionsquelle Magazin, Öffnen und arretieren des Verschlusses sowie visuelle und taktile Kontrolle des Patronenlagers mit dem kleinen Finger) ist das Abschlagen der Waffe ohne weiteres möglich um diese zu zerlegen, ich bin jedoch auch kein Angehöriger einer Behörde. Für uns gut ausgebildete Jäger sollte dies kein Risiko darstellen.

Nachdem ich die Glock in ihre 3 Hauptbestandteile zerlegt habe (Griffstück mit Abzugsmechanismus, Lauf und Verschluss) kann ich sie mit einer alten Zahnbürste abbürsten und den Lauf mit einer Bore Snake durchziehen. Das reicht, wenn ich jetzt noch an 5 kleine Stellen einen stecknadelkopfgroßen Tropfen Öl aufbringe, dann wird das Gerät auch nach 25 Jahren noch funktionieren.


Treffen mit der Glock

Man kann mit ein bisschen Übung auf 25m die 10 auf der BDS-Scheibe durchaus halten. Für diese sportliche Kurzwaffenanwendung gibt es jedoch besseres und dafür wurde die Glock auch nicht gebaut.

Die klassische Einsatzdistanz der Kurzwaffe schätze ich auf 0-10m vielleicht auch mal 15m maximal, aber das ist eher eine Ausnahme. Genau hierfür aber wurde die Glock gebaut, Schüsse im absoluten Nahbereich und unter Stress, ohne Schnickschnack und mit nur dem Allernötigsten an Teilen.

Auf „richtigen“ Kurzwaffenständen, also Ständen die ein realitätsnahes Training für uns Jäger ermöglichen (also zwischen 5 und 15 Metern Distanz) macht das Schießen mit diesem Gerät wirklich Freude. Präzise Schüsse auf bierdeckelgroße Ziele sowie schnelle Folgeschüsse sind mit der richtigen Anleitung und ein bisschen Übung gar kein Problem.

Bei der 5. Generation hat Glock das Visierbild nochmals verbessert und es macht viel Freude über die offene Visierung die Schüsse ins Ziel zu bringen. Im Kaliber 9x19 halten sich die Munitionskosten zudem in Grenzen sodass mit viel Freude reichlich trainiert werden kann.


Das leidige Kaliberthema

Womit wir zu Ende meines kleinen Berichts zum leidigen Kaliberthema kommen.

Absolut richtig, 9x19 ist nichts für die bewusste, geplante Nachsuche auf verletztes und vor allem wehrhaftes Wild. Dafür sind Kurzwaffen allgemein auch nur ein Notbehelf, die Primärwaffe ist nach wie vor immer unsere Langwaffe. Eine alte Mauser 98 in 8x57IS oder ein zuverlässiger Halbautomat sind da viel besser. Aber was, wenn ich diese lange Waffe nicht einsetzen kann? Ich habe keine Lust dann direkt auf das Messer beschränkt zu sein. „Haben ist besser als brauchen“ habe ich mal gehört. Wie ein Airbag eben oder ein Erste-Hilfe-Kasten.

Werde ich zu Nachsuchen auf egal was gerufen, kommt logischerweise immer die Langwaffe zuerst mit, denn ich bin schon einige Male, nach Schüssen auf „kleiner Überläufer, maximal 30kg“ vor groben Sauen gestanden.

Anwendungsbereiche

Der Anwendungsbereich der Kurzwaffe ist für mich ist der unerwartete Fangschuss auf alles bis 40kg (Schwarzwild), auch darüber hinaus bei bewegungsunfähigem Wild bei entsprechender Zielwahl. Eine Schädeldecke auch von einer großen Sau ist für eine 9x19 kein Hindernis.

Es geht mir nicht darum eine Kurzwaffe im Schrank zu haben, sondern für Notfälle eine am Mann zu haben. Als immer-dabei-Waffe ist die Glock 19 hier für mich daher die erste Wahl und ich bin immer froh, wenn ich sie „umsonst“ mitgenommen habe. Mit meinem bequemen Holster merke ich sie aber inzwischen kaum und sie belastet mich daher nicht.

Bei Rehwild reichte bisher ein Schuss auf Haupt, Trägeransatz oder hoch ins Blatt absolut aus, bei einem Frischling mit ca. 30kg war das ebenso. Die völlig unerwarteten Angriffe nur leicht verletzter grober Sauen hielten sich in letzter Zeit in engen Grenzen, hier möchte ich auch eigentlich keine Erfahrungen sammeln müssen. Trotzdem wäre mir hier die Glock am Gürtel lieber als die Büchse im Schrank.

Ich verwende die 124grs Speer GOLD DOT Laborierung, diese ist merklich stärker geladen und kommt in vernickelten Hülsen. Ich bin bisher zufrieden mit den Ergebnissen, aber da ich die Glock 19 erst wenige Male einsetzen musste reiche ich hier in einem Jahr mal noch einen gesonderten Bericht nach

Ich hoffe euch ein paar neue Gedanken und Eindrücke nähergebracht zu haben und wünsche euch dass Ihr eure Kurzwaffe niemals benutzen müsst.

Waidmannsheil!